Wednesday, May 14, 2014

"ZU CONCHITA WURSTS SIEG" oder "ES SOLLTE NUR NOCH EUROVISION CONTEST HEISSEN"

Conchita Wurst - sympathisch und wahrhaftig in ihrem Alter Ego - aber mit ihrem Song kein musikalischer Meilenstein.

Hier noch einmal eine Zusammenfassung des Votings beim Song Contest 2014 für Conchita Wurst, Österreich, und eine persönlichen Interpretation meinerseits:
 

Jury und Publikum in der Gesamtwertung für Conchita

Nur in fünf Ländern wählten sowohl Jury als auch Publikum Conchita auf den ersten Platz: Schweiz, Niederlande, Slowenien, Schweden und Finnland. - Die ersten beiden Länder sind bekannt für ihre Trans-Gender-freundliche Gesinnung. Schweden und Finnland arbeiten in Sachen Nato-Haltung und Ukraine-Reaktion in Bezug auf Russland zusammen - ihre Widerrede zum "No-Go von Homosexuellen" Putins ist ein subtiler Fingerzeig des Widerstands, ohne dabei Kriegerisches oder Brüche von Handelsbeziehungen zu provozieren. Slowenien hat sich als erstes der jugoslawischen Länder vom Kommunismus gelöst und gilt als EU-Vorreiter dieser Region. All diese hohen Bewertungen sind also primär (sozial)politischen Motiven zuzuordnen - selbst wenn die Gesangsperformance fehlerlos und das konventionelle Lied solide gemacht waren.

Jury ohne Publikum in der Gesamtwertung für Conchita

Von den Juries im Gegensatz zum Publikumsvoting haben Conchita Wurst Griechenland, Irland, Israel und Litauen an erste Stelle gewählt, wobei sie in Griechenland tatsächlich nur eine Person auf den ersten Rang (neben Rang 2, 3, 4, 5 der anderen vier Juroren) reihte - hier sind die Geschmäcker also so verschieden, dass selbst so eine hohe Gesamtwertung den ersten Platz ergibt. Dasselbe gilt für Irland. wo sie die Mehrheit eigentlich auf Platz 3 sah. In Israel wählten sie zwei Personen auf Platz 1, wobei Israel 1998 selbst mit der Drag Queen ("Dana International" mit dem Song "Diva") den Song Contest gewonnen und 2011 ein zweites Mal teilgenommen hat. Auch im baltischen Litauen sind es nur zwei von fünf Juroren, die für Conchita stimmten (das Publikum wählte sie auf Platz 5, was gesamt Platz 2 ergab, also 10 Punkte für Österreich).

Publikum ohne Jury in der Gesamtwertung für Conchita

Vom Publikum wählten Conchita im Gegensatz zur Jury an erste Stelle: Deutschland (Jury: 11. Platz), Malta (Jury: 9. Platz) und Portugal (Jury: 6. Platz). Hier könnten neben der ehrlichen und einwandfreien Darbietung der Sängerin die generelle Bevölkerungsprägung durch Trash-TV und der Wow-Effekt beim ersten Eindruck ausschlaggebend gewesen sein.

Conchita als Gesamtsiegerin ohne Publikum- und Jury-Erstreihung

Verblüffender Weise schaffte es Conchita Wurst nun aber auch an erste Stelle mit 12 Punkten, wenn weder Jury noch Publikum sie zur Siegerin kürten: in Italien (Jury: 3. Platz, Publikum: 2. Platz), Großbritannien und Belgien (jeweils Jury und Publikum: 3. Platz) sowie in Spanien (Jury und Publikum: 2. Platz) - lauter Länder mit hoher Musikkultur und dementsprechend differenzierten Vorlieben der Musikhörer. Leider wird so aber nie das qualitativ Außergewöhnliche Sieger, sondern nur der bessere Durchschnitt mit höchstem Durchschnittswert. Und gerade, weil das Niveau der Lieder heuer insgesamt recht hoch war, sodass es zu differenzierten Wertungen kommen musste, wurde das ausschlaggebend.
Auch die insgesamte Conchita-Zweitbewertung (was also allen etwas besser gefällt) mit zehn Punkten der Länder Frankreich, Georgien, Ungarn, Island, Litauen, Malta und Norwegen trug noch einmal zu dem scheinbar "eindeutigen" Ergebnis bei.

Ein Sechstel der Juroren für Conchita als Siegerin

Nun könnte man einwerfen: zählt man alle Juroren zusammen, die Conchita zur Nummer Eins kürten, kommt man mit insgesamt 33 von ca. 180 Personen (Georgien hatte keine Juroren) zum Schluß, dass deren Mehrheit doch die Wurst als Siegerin sahen - allerdings sind das nur cirka ein Sechstel aller Juroren. (25 waren für Schweden, 20 für Niederlande, 12 für Dänemark, 11 für Armenien, 9 für Rumänien, 8 für Rußland) Künstlerische Sieger, die es schaffen, extrem individuelle Hör-Vorlieben anzusprechen - denn um diese fragile Kraft geht es in der höchsten (Musik)kunst, wenn sie innovativ und/oder sensibel ist -, sollten demnach eher die sporadischen Siegernennungen genannt werden, wie Italien, Schweiz, Ukraine und Malta mit jeweils zwei Nennungen, sowie Spanien, Montenegro, Großbritannien, Weißrußland mit jeweils drei Nennungen, Malta mit vier, sowie Deutschland mit fünf Sieger-Beurteilungen, weiters Norwegen und Aserbaidschan mit jeweils sechs Siegerstimmen, sowie Finnland mit acht Sieger-Stimmen. Bei den jeweiligen Jurorenteams der Länder fällt aber auch immer wieder die Absprache untereinander bezüglich des Siegers auf, wenn etwa alle einhellig für denselben waren. Auch dieses Ergebnis ist also kein echtes Abbild, sondern unterliegt einer Strategie in Hinblick auf die Endauswertung.

Publikum sah Conchita vor Armenien

Mehr Glaubwürdigkeit hat an sich das reine Publikumsvoting, in dem Österreich mit acht Nennungen vor Armenien mit sechs und Niederlande mit fünf Siegernennungen gewonnen hat. Polen erhielt wie Rußland (!, die ausgebuhte Nation während des Konzerts) vier und Rumänien drei Nennungen. Einzelsieger wurden bemerkenswerter Weise die Ukraine, Montenegro, Finnland, Schweiz und Ungarn. Insgesamt gab es 35 Publikumsvotings (Albanien und San Marino hatten nur Jury-Votings), wodurch die Zahl "acht" wiederum nur ein Viertel bis Fünftel aller Zuseher ausmacht.

Es siegt der künstlerische Durchschnitt und der Polemik-Trend

Conclusio: das mit dem großen Sieg ist relativ, da eigentlich immer nur der höhere Durchschnitt gewinnen kann, geprägt durch die gegenwärtige Boulevard-politische  Lage. Den Conchita-Machern gebührt der Pokal für ihre punktgenaue Strategie. Der Begriff Eurovision Song Contest ist allerdings längst überholt, es sollte "Eurovision Contest" heißen.  e.o.

Sunday, April 26, 2009

ÖSTERREICHS FILMER UND MUSIKER IM ORF - ILLUSION ODER ZUKUNFT?

Adgar, am 5.3.2009: Die Original-Falco-Band spielt im Wiener Konzerthaus für die Werber der Printszene - die natürlich auch die Werber des ORF sind - ob wohl österreichische Kunst (Musik) künftig im ORF Platz findet? (Fotos © Elfi Oberhuber)



















Begeistert war das anwesende Medien-Publikum vor allem über die bravouröse Nachtflug-Falco-Interpretation des Sprech-Sängers Wolfgang Pampl ...





















... sowie über die Ja
zz-Version der Band von Hoch wie nie mit Vera Böhnisch.


NACH EINER PARLAMENTARISCHEN ENQUETE ZUM TRAURIGEN STAND DER MUSIKSZENE IM LAND DER MUSIK ÖSTERREICH IM JUNI 2008, WÄRE EINE BERÜCKSICHTIGUNG INNERHALB DER NEUEN RUNDFUNKGESETZ-DEBATTE WÜNSCHENSWERT
- STATTDESSEN WIRD NUR ÜBER PROPORZ UND GELD GEREDET. DABEI KÖNNTEN AUSGERECHNET HEIMISCHE KREATIVE FÜR GELD SORGEN - UND ZWAR VIA QUOTENSTEIGERUNG. WAS DER ORF BISHER ABER KAUM GLAUBEN WILL, OBWOHL ES DIE IN KRISENZEITEN ERFOLGREICHE WERBESZENE TUT, WIE EINE intimacy-art-EXKLUSIV-UMFRAGE BEWEIST.
VERGLEICHE MIT DEM AUSLAND UND ZUKUNFT
SSZENARIEN BEZÜGLICH DER MEDIALEN LANDSCHAFT GARANTIEREN ZUDEM, DASS DER LOKALE QUALITÄTSBEZUG IM GLOBALEN ZEITALTER IMMER WICHTIGER UND LUKRATIVER WIRD.
- EINE RUND-UM-BETRACHTUNG VON A
(der politschen Debatte) BIS Z (der Chance auf Verdienst im Internet)!


PRINTSZENE SCHMÜCKT SICH MIT ÖSTERREICHISCHER FALCO-BAND - DER ORF NICHT

Wie paradox: da kämpft die heimische Musikwirtschaft auf Biegen und Brechen mit den elektronischen Medien, insbesondere dem ORF, darum, gespielt zu werden, doch letztenendes sind es die Print-Medien, die die Österreicher spielen. - Am 5. März 2009 konnte das Who is Who der Werbebranche beim in acht Kategorien vom VÖZ (Verband Österreichischer Zeitungen) vergebenen Print-Oscar Adgar im Wiener Konzerthaus erleben, wie toll eine exklusive Original-Falco-Band (Thomas und Bernhard Rabitsch, Peter Paul Skrepek, Bertl Pistracher und Curt Cress) sein kann, wenn sie etwa mit einem genial-theatral interpretierenden Sprechgesänger wie Wolfgang Pampl in Nachtflug oder einer Jazz-artigen Version von Hoch wie nie mit Vera Böhnisch aufwartet. Das war ein ehrwürdiger Rahmen, wo der Werbepreis für die besten Anzeigen des Jahres umso besser zur Geltung kam, und inspirierender Anlaß die heimische Werbeszene nach ihrer Meinung von der "Verkäuflichkeit von heimischer Musik im Radio und Fernsehen" zu fragen. - Darüber, so wie über diese Musikdarbietung, staunte der anwesende Generalintendant des ORF, Alexander Wrabetz, wohl nicht schlecht, nachdem seine entsandten Verhandlungsmannen mit den heimischen Musikvertretern auf keinen grünen Nenner kommen, und der Stand von Österreichs Künstlern im ORF alles andere als rosig ist:

Nur 2,2 Prozent des fiktionalen Fernsehprogramms sind heimische Produktionen, nur 15,2 Prozent österreichische Komponisten spielt insgesamt der ORF, der öffentlich-rechtliche Rundfunk Österreichs, der eigentlich einen gesetzlichen Kulturauftrag hätte. - Diese bescheidenen Werte bezüglich kreativer Wertschöpfung im eigenen Land, die Österreich als Schlußlicht im Europadurchschnitt auszeichnen, verwundern Fachleute. Denn sie machen weder kulturpolitisch, noch marktwirtschaftlich, noch nach Erfahrung einer bevorzugten Konsumentenakzeptanz Sinn. Schließlich gilt in der Kommunikationswissenschaft das Prinzip "lokale Nähe" als oberste Instanz der Zuschauer-Aufmerksamkeit und von medialer Themenauswahl. Erst danach kommen etwa "Prominenz", "politischer Konflikt" und "Aktualität". Dass der ORF dennoch, nach wie vor, - wenn auch in den letzten Jahren abfallend - Marktführer in der österreichischen TV- und Radio-Landschaft ist, mag an der Publikumstreue gegenüber dem Sender als Langzeitmonopolist bis 2001 liegen, nicht an seinem Inhalt, der sich in den letzten Jahren immer mehr an jenem privat-kommerzieller Konkurrenz orientiert, um jene quasi mit "ihren" Mitteln zu schlagen ...

Böhnisch und die anderen SängerInnen interessierten natürlich auch den ORF - allerdings nur als Seitenblicke-Event ...

... schon weil eines der Falco-Band-Mitglieder, Gitarrist Peter Paul Skrepek, als Musikgewerkschafter und Chef der größten Musikvereinigung Österreichs, Musikergilde, schon seit geraumer Zeit mit den ORF-Mannen um vermehrtes Vorkommen von Österreichs Musikern im ORF verhandelt.

Der ORF-Generalintendant Alexander Wrabetz scheint jedenfalls neben Omnimedia-Mediaplaner Paul Schauer über die heimischen Top-Musiker sehr angetan. - Vielleicht hat ihm Paul Schauer aber auch nur erklärt, wie gut sich jene in niveauvoll präsentiertem Journalismus-Rahmen im ORF verkaufen ließen! Weil dann auch die danach und davor platzierte österreichische Werbung effizienter wirken würde.


KAUM BEWUSSTSEIN FÜR HEIMISCHES KREATIVDILEMMA IN ORF-GESETZ-DISKUSSIONEN

Der ORF und die führende Politik scheinen das Faktum der "lokalen Qualität" im Konzept für ein neues Rundfunkgesetz kaum zu berücksichtigen, was auch direkte Verhandlungen mit der Musikwirtschaft zeigen: Darin will der ORF freiwillig, je nach Sender, nur zwischen 0,75 bis 2 Musiknummern mehr an "Österreich-Kreationen" pro Tag spielen. Der ORF denkt im Gegenteil an die Ausgliederung (Auflösung) des Radio-Symphonieorchesters (RSO), sowie an die Aufkündigung des Fernseh- und Filmabkommens. Und in der am 31. März 2009 stattgefundenen parlamentarischen Nationalratsdebatte zum Thema "ORF-Zukunft" streiften nur drei Redner den Punkt heimischer Wertschöpfung: Johannes Hahn, ÖVP, meinte: "Gebühren und Personen sollten nicht vor den Strategien und der Debatte mit der Kreativwirtschaft diskutiert werden". - Was tatsächlich aber geschieht. - Silvia Fuhrmann, ÖVP, reklamierte: "Der ORF kauft US-Serien auf der Jagd nach der werberelevanten Zielgruppe - der Jugend - ein, die schon längst auf andere Plattformen ausgewichen ist. Österreichische Kultur und Innovationen sollen Inhalt für den Programmauftrag zu Information, Kultur und Unterhaltung sein. Weder österreichische Filme, noch österreichische Musik werden im ORF (wenn überhaupt) - zu einer angemessen Zeit - gespielt." Und Dr. Peter Fichtenbauer, FPÖ, schloß seine Rede mit: "Ich plädiere für die Nichtabschaffung des RSO!".
Der ORF will indessen in seinem neuen Fernseh-Konzept bei "billigerer Produktion", - wie bisher, aber verstärkt - ORF 1 "klar, jung, urban, männlich, international" positionieren, und ORF 2 "österreichisch und älter". Diese Nicht-Änderung ruft wiederum entrüstete unabhängige Zeitungen und Proponenten über ein spektakuläres Manifest aufs Parkett: "Wir fordern, dass der öffentlich-rechtliche Auftrag zwingend und im Detail festzulegen ist."




















Verstecken müßte der ORF Interpreten wie Andi Gabauer (am Bildschirm) jedenfalls nicht, der Falcos Egoist zum Besten gab - angeblich die "Hymne der Kreativbranche" ...















... oder Roman Gregory, der Helden von Heute sang. Die Mediaplaner beurteilen das Konzert als musikalisch Ö3- bis MTV-tauglich, nicht aber die Performance der Show ...




















... die für MTV, sprich internationale Sender, einen entsprechenden Stil haben sollte. - So nett Damen wie Valerie in Brillantine Brutal aussehen mögen. Für Österreich (den ORF) passe es aber allemal.




PARLAMEN
TARISCHE MUSIK-ENQUETE IM SOMMER 2008 & VERHANDLUNGEN MIT DEM ORF BIS MÄRZ 2009

Es sieht so aus, als würden die von allen Parteien befürworteten Beschlüsse vom 3. Juni 2008 bei der parlamentarische Enquete zum Thema "Zukunftsmusik" - wo neben der traurigen Ausbildungssituation der Musik in Österreich, deren derzeitige und Zukunftsentwicklung, sowie die Rolle des ORF dabei, diskutiert wurden - erneut unterlaufen. Versprochen wurde, dass sich der ORF mit den Vertretern der Musikindustrie auf eine freiwillige Selbstverpflichtung einigen, statt - wie in anderen Ländern Europas üblich - einer vorgeschriebenen Quote gehorchen wolle. Doch nun, in der aktuellen ORF-Rundfunkgesetz-Reformdebatte, ist nur Kosteneffizienz das Thema, egal, ob in personalwirtschaftlicher oder inhaltlicher Hinsicht. Dabei scheinen sich "Innovationen (von österreichischen Kreativen) des Programms" als "Kürzungen des bestehenden Programms" zu entpuppen. Wo also der europäische Durchschnitt der gespielten lokalen Musik (ansteigend!) bei 40 Prozent liegt (BBC und Finnland spielen gar 50%, Kroatien 56%), ringt sich der ORF über die verhandelnden Personen, Hörfunkdirektor Dr. Willy Mitsche und ORF-Pressesprecher Pius Strobl, gerade einmal ein Zugeständnis von 5% des bestehenden Anteils ab. Das wären je nach Sender, 0,75-2 Nummern von österreichischen Komponisten mehr pro Tag, oder in "echten" Prozentpunkten auf Ö3 statt wie bisher 5,49 ein Steigerung auf 5,76.
Dabei ermittelt die Europäische Kommission, die ihre Mitgliedstaaten per Unesco-Konvention verpflichtet, für kulturelle Vielfalt (= länderspezifische Eigenheit) zu sorgen, seit letztem Jahr gegen Österreich - Österreich hat diese Konvention im Beisein von Österreichs Musikgewerkschaft ratifiziert und sich damit selbst verpflichtet: Danach widerspricht der ORF dem EU-Recht auf freien Wettbewerb, und ist er möglicherweise mit Hörer- und Sehergebühren bezüglich Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags "überfinanziert". Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und Geldstrafen sind zu erwarten, unternimmt der ORF nicht entscheidende "inhaltliche" Umstrukturierungsmaßnahmen. In Wahrheit geht es dabei um eine Wertschöpfungskette großer Dimension, die von Österreichs Kreativen (in den letzten Jahren hat Österreich 15-20 Mrd. Euro verloren!) bis zum Musikmarkt Europas reicht und sich so gegen globale (amerikanische) Massenüberflutung schützen kann. In diesem Sinne ist etwa die Geschäftsstrategie vom deutschen Bertelsmann-Verlag zu verstehen, sich Mitte 2008 von seinen 50%-Anteilen an Sony BMG, dem zweitgrößten Musik-Unternehmen der Welt, zu verabschieden, und über BMG (Bertelsmann Music Group) nur noch die Vermarktungsrechte von 200 vor allem europäischen Künstlern zu behalten. Die Klage eines Stephan Dorfmeister vom VTMÖ (Verband der unabhängigen Tonträgerproduzenten Österreichs), "der Druck, international zu produzieren ist zu hoch! Das war nicht immer so!", könnte sich auf diese Weise ändern - insofern auch der Nach-wie-vor-Marktanteil-Platzhirsch ORF qualitativ hochwertige, unterhaltende, heimische Musik in Umlauf bringt. Die über die Plattform SOS-Musikland vereinten Musikvertreter von Pop bis Klassik fordern jedenfalls vom ORF laut Peter Paul Skrepek von der Musikergilde und Musikergewerkschaft die:
- kurzfristige Erhöhung des heimischen Musikanteils um fünf Prozentpunkte, nicht fünf Prozent;
- die mittelfristige Erhöhung des Interpretenanteils bis zum Jahr 2011 von derzeit 23 auf mindestens 40 Prozent (entspricht einer Erhöhung des AKM-Wertes von derzeit 15,2 auf 26,7%);
- die Vereinbarung einer verbindlichen Musikcharta Österreich mit dem Ziel, den Musikanteil aus Österreich in allen Programmen der ORF Radios langfristig auf den europäischen Durchschnittswert zu erhöhen;
- Abspielverpflichtung zwischen 6 und 22 Uhr;
- dass die Hälfte der gesendeten Musik aus Neuheiten bestehen muss;
- senderadäquate Mitwirkung aller Radioprogramme.
Kommilitone Hannes Eder von Universal Music Austria beruft sich wie Skrepek nach wie vor auf das Vorbild "Schweizer Musik-Charta", die vor fünf Jahren (2004) eingeführt wurde und heute von Erfolg gekrönt ist: der mit Ö3 vergleichbare Radiosender DRS3 steigerte den Schweizer-Musikanteil von 11,3 auf 17,7 Prozent, andere Sender machten Sprünge um 11,4 oder 28 Prozent Kompositionen mehr! - Und das angeblich zum Wohlwollen aller Beteiligten (mit Marktanteilssteigerungen der Sender: DRS 3 mauserte sich 2006 auf einen 13-Prozent-Rekordwert, 2007 gesteigert auf 14 Prozent und schließlich 15 Prozent 2008, was in Ist-Zahlen täglich 25 Prozent oder rund 1,2 Millionen Hörern in der Deutschschweiz entspricht.)

Dennoch versteckt der ORF Österreichs Musiker: hinter Amateur-Casting-Shows und dergleichen. Im Gesetzesentwurf des neuen ORF-Rundfunkgesetzes wird Österreichs Kreativszene jedenfalls mehr reduziert als vermehrt. Dabei gab Hörfunkdirektor Willy Mitsche im Juni 2008 während der parlamentarischen Enquete sein Versprechen, sich "freiwillig" für eine höhere Quote der österreichischen Urheber und Interpreten im ORF einzusetzen - obwohl er (im Foto rechts neben Hannes Eder) schon dort via Trailer - wie später bei den Verhandlungen - behauptete, der Quotendurchschnitt an Österreichern liege ohnehin gut bzw. im europäischen Mittelfeld. ...

Diese glatte Lüge quittierten Leute wie Musikproduzent Markus Spiegel und Labelbesitzer Walter Gröbchen mit prompten Buhs aus den Zuschauergalerien ...

... und entrüsteten die Mitstreiter Falco-Bandleader Thomas Rabitsch und Peter Paul Skrepek (3. Reihe v. oben), was Zweiterer dann auch lautstark und makaber umgreifend kundtat, mit dem Mahnruf: sich diesmal (nach 15 Jahren Hinhalten und Branchenlobbying) nicht mehr mit bloßen Worten vertrösten zu lassen ...


MEDIAPLANER- UND WERBER-TREND: DIE ZIELGRUPPE FOLGT DER IDEE, NICHT UMGEKEHRT - EIN TIPP FÜR DEN ORF?

Ein wesentlicher Aspekt zum richtigen Umgang mit dem Thema Österreich-Produktionen ergibt sich aus der Beziehung des ORF zur Werbewirtschaft. Denn bis zur Hälfte ist der ORF durch Werbung finanziert. Dabei scheint er sich aus marktwirtschaftlichen Überlegungen nicht zu trauen, seine derzeitige inhaltliche Positionierung - im strikt-steril-vereinheitlichten Formatstil - qualitativ und wesentlich zu ändern (zu verbessern). Verblüffenderweise bestätigt jene Berufsgruppe diese Angst aber kaum, selbst wenn der finanziell marode ORF - nicht nur wegen der Wirtschaftskrise - mit 85% ausgebuchten Werbezeiten 2008 und mit 79% verstärkt im ersten Quartal 2009 erhebliche Einbußen an Werbeeinnahmen hinnehmen mußte. Tendenz weiter fallend. - Die echte Meinung von der Berufsgruppe "Werbewirtschaft" ist insofern interessant, weil der ORF jene stets als Grund und Rechtfertigung seiner Nichtberücksichtigung heimischer Filme und Musik im Programm nennt. Mit Sätzen wie: "Wenn wir österreichische Musik und österreichische Filme spielen, bucht die Werbewirtschaft unsere Werbezeiten nicht, bzw., dann kommt uns die werbetreibende Wirtschaft als Geldgeber abhanden, weil wir an Quote verlieren." - Das, obwohl die Parameter "lokale Eigenproduktion" für die prinzipielle Affinität des lokalen Massenpublikums garantiert, und obwohl die Quoten - wie anhand der Schweiz beschrieben - anheben würden, sobald Kreativproduktionen von internationaler Qualität mit erkennbarem, heimischem Element in einem entsprechend prominent aufgezogenen, journalistischen Rahmen eingebunden würden. Diese Ausrichtung ist in der Werbewirtschaft seit jeher das begehrteste Werbefeld, und nicht etwa, wie angenommen, das austauschbare, internationale Massenprogramm.

Daher ist das Ergebnis folgender Umfrage unter jenen Mediaplanern und Werbern wiederum schlüssig, die 2008 - im Jahr der Wirtschaftskrise und des Medienumbruchs - ihr Geschäftsjahr am besten und ansteigend abgeschlossen haben: Auf eine qualitative Umfrage mit Schwerpunkt "Verkäuflichkeit von heimischer Musik im ORF" antworteten 45% der Leiter der Billing-stärksten Mediaagenturen, sowie die vom Branchenblatt Bestseller als Newcomer-Werbeagentur des Jahres ausgezeichnete "gantnerundenzi, österreichs erste kontakterlose werbeagentur" - sie wurde exemplarisch wegen einer offensichtlich strategisch-erfolgreichen Trendumkehr (selbst in der Werbeszene) ausgewählt. Denn sie stellt in Folge neuen Medien-Konsumverhaltens die Idee (Kreativität) vor Impact und Reichweite, um beides umso gezielter zu erreichen. Zitat von CD-Geschäftsführer Daniel Gantner: "Die Zielgruppe folgt den Ideen, nicht umgekehrt." Aber auch Paul Schauer von Omnimedia sagt: "Die Nachfrage folgt dem Angebot. Auch im Medienbereich. Das läßt sich statistisch sehr leicht belegen." - Das könnte also ein Pendant für ein neues ORF-Programm-Argument sein, unterhaltende bzw. unterhaltend lebensnah aufbereitete Kunst und Kultur (die Idee) in die Position des Alltagkonsums zu heben und nicht etwa in ein trockenes Spartenkanal-Getto abzuschieben (was ebenfalls schon angedacht wird). Denn wie die Erfahrung in Ländern wie Frankreich, Italien, Großbritannien zeigt, wo der heimische Anteil überdurchschnittlich hoch ist, gewinnen deren Filme und deren Musik trotz und wegen ihres lokalspezifischen Colorits immer mehr an internationaler Qualität, sodass auch das Ausland danach fragt.

... Gekommen ist es nach sieben Verhandlungs-Monaten jedoch wie gehabt: der ORF gesteht nur 0,75 - 2 österreichische Eigenkompositionen mehr pro Tag zu, sodass Skrepek im Rahmen einer Pressekonferenz der Musikwirtschaft-Dachinitiative SOS-Musikland resümiert, "danke für die Garantie, nichts zu tun." Mit dem versprochenen Rückhalt aller Parteien spekuliert er nun auf eine Festlegung des öffentlich-rechtlichen Auftrags im neuen Rundfunkgesetz ...

..."Das ist die letzte Lösung, die uns bleibt, wenn die freiwillige Erhöhung nicht kommt. Denn tatsächlich liegt das Musikland Österreich im lokalen Musikanteil-Ranking hinter Neuseeland und Venezuela. Wir benötigen eine Charta der österreichischen Musik nach Schweizer Vorbild!", verlangt Hannes Eder.

Skrepek, Eder und Klassische-Komponisten-Vertreter Prof. Klaus Ager neben Stephan Dorfmeister, der vorrechnet, um wieviele Milliarden Euro die Wertschöpfung der Musikwirtschaft für Österreich höher wäre, wenn man sie in den Medien spielen würde, appellieren auf die Klugheit der Entscheidungsträger - nach all den Jahren heimische-Musikwirtschaft-Versäumnis und -Abschwung. Dass das Vorhaben für alle Beteiligten lukrativ wäre, glauben auch die erfolgreichsten Trendsetter der heimischen Werbewirtschaft, wie eine Umfrage von intimacy: art beweist. - Und auf die Werber ist der ORF auch künftig angewiesen.


ÖSTERREICHS MUSIK PASST ZU Ö3

Alle befragten Mediaagentur-Leiter waren prinzipiell der Meinung, dass österreichische Musik im Niveau einer einleitend erwähnten Original-Falco-Band mit heimischen Interpreten (die einige von ihnen live gehört hatten) auf alle Fälle mit der auf Ö3 gespielten Mainstream-Musik mithalten könnte, wobei der überwiegende Teil bedauerte, dass nicht mehr davon gespielt würde. Ob diese Musik auch MTV-tauglich wäre, darüber machten sich Zweifel breit - nicht wegen musikalischen Aspekten, sondern weil dafür "die Aufbereitung (die Show) auf einem internationalen Standard sein müßte". - "Und das konnten sich bisher halt nur wenige österreichische Künstler leisten", meint etwa Maurizio Berlini von ZenithOptimedia, jener Agentur, die es unter seiner Geschäftsführung auf Anhieb auf Platz 9 des Billing-Rankings (+22% Schaltvolumen-Steigerung) geschafft hat. Dass diese Art von Musik dem österreichischen Fernseh- und Radiopublikum generell gefallen könnte, bejahten wiederum alle, Beisatz: "Vor allem hier in Österreich. Im Niveau eines Oscar-Fälschers oder von Falco könnte sie aber auch dem internationalen Publikum gefallen". Und Deborah Arpino, Geschäftsführerin von der drittgrößten Agentur OMD, fügt differenzierend hinzu: "Mainstream ist nicht gleichzusetzen mit internationaler Musik."

Die minimale, freiwillige Erhöhung des ORF von nicht einmal einer Musiknummer österreichischen Anteils mehr pro Tag, versteht in Sachen strategischen Reichweitenerhalts zwar die Mehrheit der Mediaplaner ("das ist zu unbedeutend, dass sich ein Reichweitenverlust ergibt", "Ö3 ist nun mal Mainstream, da kann man keine Nischenmusik platzieren", "Ö3 gehorcht einem AC-Format, wo im Vorfeld abgetestet wird, was die Hörer wünschen", "ja zu mehr Österreich, aber nur wenn die Quoten nicht sinken"), sie merken aber auch an, wie etwa Maurizio Berlini: "Es gibt natürlich die Konditionierung, wonach man nur wünschen kann, was man schon kennt. Und die ist jahrelang im Monopolstatus von Ö3 und ORF gewachsen, sowohl gegenüber dem Sender als gewohnt zu hörendem Kanal, als auch gegenüber den Musiknummern. Es ist also ein schwieriges Thema: Was war zuerst, die Henne oder das Ei? - Andererseits hat selbst Ö3 als öffentlich-rechtlicher Sender einen Bildungsauftrag, für den er Gebühren erhält. Dass die Musikwirtschaft da Druck macht, ist berechtigt, schließlich leben wir ja auch von der Wertschöpfung im eigenen Land. Die Differenzierung müßte auch gegenüber den privaten Radioanbietern sein, die ja auch nichts anderes spielen, dafür aber keine Gebühren erhalten." - Abgesehen davon belegt allerdings eine Gallupumfrage, wonach 57% der Österreicher mehr österreichische Musik im Rundfunk wünschen. Man müßte also auch einmal fragen, wie diese deutsche Auftragsfirma, die das Ö3-Programm bestimmt, ihre erhobenen Wünsche bei wem abfragt?! Oder: auf welche Fakten sich ein Sager wie von Ex-ORF-GI Gerhard Zeiler, "man wird sich doch die Cash-Cow Ö3 nicht von österreichischem Programm versauen lassen", eigentlich stützt? Denn - wie eingangs skizziert - könnte es durchaus sein, dass die österreichischen Hörer Ö3 einfach hören, weil sie den Sender gewohnt sind zu hören und nicht etwa dessen Inhalt. Ähnliches Phänomen zeigt sich in Österreich ja auch bei der Kronenzeitung als "Phänomen der Medientreue des Österreichers an sich".

"Wenn es etwas Gutes an der Wirtschaftskrise gibt, dann ist das: dass die Kurse in der österreichischen Realwirtschaft angekommen sind. Denn die Finanzmärkte sind stets Ausgangspunkt der Scheinwelt. Für Print und Fernsehen ist das gut so, weil wir jetzt gezwungen sind, den Weizen von der Spreu zu trennen", meinte VÖZ-Präsident und Styria-Verlag-Chef Dr. Horst Pirker beim Adgar, "das ist die Chance auf Qualität für die Zukunft!". - Zu hoffen ist, dass künftig auch Qualität im Fernsehen als Qualität "verkauft" wird: nämlich die echten heimischen Kreativen, nicht die Amateure. - Ist das die USP-Chance für den ORF?


ÖSTERREICHS FILME UND MUSIK ALS USP DES ORF

Auf die Frage, ob es nicht eher von Vorteil sein könnte, statt Alltagsbürgern wie in Starmania gleich echte Könner als Stars zu präsentieren und so als öffentlich-rechtliche Medienanstalt einen USP (einzigartiges Verkaufsargument, das nur dieses Unternehmen hat) zu erlangen, verstehen zwar die meisten Mediaplaner den Willen, dem Trend zu entsprechen, als Gemeinbürger selbst ein Star sein zu wollen, und dadurch hohes Identifizierungspotential zu erlangen, wobei der ORF mit diesen "neuen Österreichern" als "vermarktete Künstler" wiederum an Quoten gewinnen und mit einem Return of Investment rechnen könne, wonach er ja (leider) noch immer bemessen würde. Meinungen wie von Deborah Arpino zeigen aber auch, dass sich die Mediaplaner eine alternative Ausrichtung vorstellen könnten: "Die echten Könner als USP wären definitiv eine wichtige Initiative. Ein Möglichkeit ist das Thema Authentizität und lokale Nähe stärker zu besetzen und hier mit echten Künstlern zu arbeiten."

Die Nachfrage, ob nun österreichischer Inhalt (besonders in der Musik) automatisch Wettbewerbsnachteil und damit eine Schwächung des ORF bedeutete, beantworten wiederum alle mit einem "definitiven Nein". Paul Schauer, Geschäftsführer der zweitgrößten Mediaagentur OmniMedia, meint schon in Bezug auf die Sinus Milieus - die Zielgruppe wird nicht nach Altersgruppen, sondern nach "Typen, je nach Lebensauffassung" bestimmt, etwa: Performer (für ihn zählt z.Bsp. nicht das Einkommen, sondern die Grundhaltung zum Leben), Etablierte (Leistung, Erfolg, exklusiver Lebensstil, neugierig auf Neues), Bürgerliche Mitte (heimatverbunden, harmoniebedürftig, gewisser sozialer Status), Hedonisten (Freiheits- und Unabhängigkeitsstreben von etablierter Leistungsgesellschaft, dennoch Luxus- unterhaltungsorientiert, spontan), bäuerlich-ländliche Menschen, etc. -, wonach Mediaplaner Werbung am effizientestesten platzieren: "Schon die Milieus in Deutschland und Österreich sind unterschiedlich. Davon abzuleiten ist, dass es einen österreichspezifischen Inhalt geben muss. Die österreichische Identität ist auch wichtig für die Authentizität der Werbebotschaften." "Das Bedürfnis, über sein eigenes Umfeld informiert zu werden, steigt in der globalen Welt", ist eine weitere Antwort darauf, und "gut präsentierter, qualitativ hochwertiger, österreichischer Inhalt hat sicher die besten Voraussetzungen, den ORF in seiner Positionierung zu stärken." Sowie: "In Italien etwa wird viel mehr italienische Musik gespielt. Weil die Zuhörer das hören wollen, wofür seit 40 Jahren eine Nachfrage geschaffen wurde. Ob live im Fernsehen Konzerte übertragen werden oder eigene Italo-Charts präsentiert werden, die Palette ist breit. Verglichen damit hat Österreich einen Riesen-Nachholbedarf." Für Dr. Markus Enzi bringen viel mehr Gleichschaltung und Anbiederung eine Schwächung des ORF, und keine Differenzierung: "Durch ewiges Hinterherhächeln schwächt sich der ORF bis zur Atemlosigkeit. Was er zur Änderung braucht, ist politischer Rückhalt."















Österreichische Zeitungsqualität war jedenfalls auch Der-Standard-Herausgeber Oscar Bronner einmal ein Anliegen - ein bißchen weniger Druck von der Wirtschafts-"Scheinwelt" (von der Anzeigen-Orientiertheit) würde auch seiner Zeitung gut tun - wie geht das besser, als wenn die Werber selbst kreativer (kontakterloser) werden - wie die Newcomer-Agentur des Jahres gantnerundenzi, die die Idee vor die Reichweite stellt, sodass die Reichweite umso größer wird.













Für komplexe Werbeideen ist Jan Mariusz Demner bekannt, der mit seiner bis heute Inhaber-geführten D,M & B gegenüber den Globalwerbern erneut umsatzstärkste Werbeagentur in Österreich wurde - Kreativität, Lokalbezug und Profit können also durchaus Hand in Hand gehen ...



ZUR VARIANTE: GEBÜHREN FÜR ALLE MEDIEN

Die Variante, je nach "Bildungserfüllung" einen Schlüssel der Gebührenverteilung auf alle Medienbetreiber - egal ob privat oder öffentlich-rechtlich - zu verteilen, wurde sehr differenziert aufgenommen. Derzeit plant SP-Medienstaaatssekretär Josef Ostermayer tatsächlich - ähnlich wie in Grossbritannien - fünf Millionen Euro für kommerzielle Sender, eine Million für nichtkommerzielle Stationen, sowie sechs Millionen mehr für TV-Produktionen zur Verfügung zu stellen. Diese neue Förderung soll von den 118,7 Millionen Euro kommen, die der Bund jährlich aus Rundfunkgebühren einnimmt. Sie wird von der RTR (Rundfunkregulierungsbehörde) ausgeschüttet, und zwar für "vielfältiges und hochwertiges Programmangebot, das insbesondere einen Beitrag zur Förderung der österreichischen Kultur, des österreichischen und europäischen Bewusstseins sowie der Information und Bildung der Bevölkerung leistet".
Bejahung zur Gebührenverteilung kommt von ZenithOptimedia. Mag. Andrea Reschreiter / Research Director OMD stellt dafür allerdings eine Bedingung: "Dafür bin ich nur, wenn das eine hohe Quote vieler starker Sender mit österreichischer Identität und hohen moralischen Ansprüchen gewährleistet, woran ich aber eher nicht glaube. Sondern ich glaube eher an ein Sinken der Qualität." - In der Tat kommt es etwa in Grossbritannien sogar zu Kompositionsaufträgen von kommerziellen Sendern (Channel 4), die als Oper im TV gezeigt und darauf hingeschnitten kreiert werden. Allerdings sind diese oftmals so schlecht - Stichwort "Oper When She Died von Jonathan Dove (siehe Kritik auf intimacy: art) zum Phänomen Tod Lady Di" -, dass es nicht nur einem Opernfreund verleidet, sondern wahrscheinlich auch einem Desinteressierten, bevor dessen Interesse überhaupt entstehen kann. Man kann sich darunter auch die Reinhard-Fendrich-Karaoke-Show Sing And Win auf ATV vorstellen, die kaum den Kern der Musiknation Österreich, geschweige denn den Musikalischen eines Reinhard Fendrich (!) mit Band trifft. Immerhin bringt der öffentlich-rechtliche Sender BBC aber Shows zustande, die wir in Österreich gegenwärtig einkaufen müssen (Dancing Stars), wo aber wenigstens österreichische Spitzenmusiker die Nummern arrangieren und interpretieren. - Insofern ist es auch nachvollziehbar, wenn der Gebührensplit völlig abgelehnt wird, mit der Begründung, "es sollte eine freie Medienlandschaft in einem freien Markt und einen öffentlich-rechtlichen Sender geben, der seinem Auftrag wirklich nachkommt".

... mancher Werber hätte sich deshalb mit den Musikern gerne nach der Adgar-Preisverleihung zum Dinner im Konzerthaus ausgetauscht - doch leider wurden jene backstage abgeschottet. - Nix für ungut, aber der "Gesinde-Trakt" gehört im 21. Jahrhundert definitiv abgeschafft! Denn Kreativität hat nicht nur eine Wirtschaftsseite, sondern auch jene der Kunst!

V. li.: E-Gitarrist Peter Paul Skrepek, Trompeter Bernhard Rabitsch, der für das Konzert extra aus München eingeflogene Schlagzeuger und Popprofessor Curt Cress (war vor Thomas Lang in der Falco-Band), Bassist Bertl Pistracher und Bandleader Thomas Rabitsch, der für den ORF auch Dancing Stars und Starmania musikalisch leitet; sie hätten jedenfalls nichts gegen ihre echte, eigene Musik in der Öffentlichkeit (in heimischen Medien). - So wie auch das Publikum nicht.


HEIMISCHE IDENTITÄT IN GLOBALER MEDIENZUKUNFT

Bezüglich der medialen Zukunft im globalen Zeitalter meinen abschließend die meisten, dass es mit der Digitalisierung viele neue medialen Innovationen gebe und zu einem Wechsel von der unidirektionalen Imagewerbung zu Medien komme, die sich als Dialogvermittler der Marken positionieren würden, da junge Konsumenten ein verändertes Markenverständnis hätten. Das Mobile Web wird als Massenmedium der Zukunft gesehen. Die klassischen Medien werden sich der digitalen Verbreitung öffnen müssen, selbst wenn sie alle auch komplementär genutzt werden. Im Internet selbst werden sich letztendlich zwar dieselben Marktmechanismen von breitem Segment mittelpreisiger Produkte, kleinen Nischenprodukten und kleinem Premium-Segment und zunehmendem Diskontbereich heraus kristallisieren, erstmals aber werde es möglich, innerhalb der internationalen Marken und "Speisen", die "eigenen überbackenen Grammelknödel", also genau "diese lokale Spezialität", nach der man sich umso mehr sehne, via Internet zu globalisieren und zu vermarkten ... Denn alle Trend-Studien bewiesen, dass es in der momentanen, global-hervorgerufenen, schwierigen Wirtschaftslage zu einer Rückkehr der Prinzipien von Gemeinschaft und Gemeinsamkeit statt Individualismus und Genusssucht komme. In der Werbung bestechen Kampagnen mit Heim und Nostalgie, sodass "das heimische Identitätsbewußtsein sicher höher zu bewerten sei als das Globale" (Deborah Arpino).


WIE DER IT-MARKT AUCH DEM MUSIK- UND MEDIENMARKT ETWAS BRINGEN KANN

Als zweites Standbein raten die Mediaplaner den österreichischen Musikschaffenden generell, sich parallel im Internet über ein starkes und gut beworbenes Internetradio zu etablieren, das ein Budget vom Staat bekommen und dann mit Radiostationen kooperieren sollte. Denn im Internet-Zeitalter würde zuerst dort gesucht und entdeckt, dann folgten erst die klassischen Medien, weil eine Nachfrage bestünde. Ähnliche Strategie verfolgt übrigens in der Schweiz die Musikplattform Mx3.ch seit Herbst 2006, die ausschließlich Schweizer Musik im Bereich Unterhaltungsmusik von derzeit 10800 Bands via Datenbank verbreitet und kostenlos zugänglich macht. Die bisherige Eignerin war (man staune) die öffentlich-rechtliche SRG SSR idée suisse, inzwischen ist sie eine von mehreren musikwirtschaftlichen Partnern.
Die Frage in Sachen Internetradio ist aber immer noch, ob sich dabei die Werbung so weit integrieren läßt, dass sich sowohl die Musiker, die Produzenten, als auch die Internetmedien damit finanzieren können. Denn Fakt ist: wo in klassischen Medien bisher aufgrund von Reichweiten und Impact Geld floss, schlagen sich für einen Medienbetreiber im Internet in der Regel weder jene Daten, noch Anzeigen-Clicks in Geldwert nieder. Zu einer Vergütung kommt es erst, wenn ein Surfer auf eine Anzeige clickt und dann etwas kauft. Er bekommt also nichts für das In-Umlauf-Bringen des Markennamens. Und das ist fatal.
Fakt ist auch: wo bisher Musiker für den Verkauf einer CD wenigstens einen minimalen Anteil und ihre Produzenten den Löwenanteil bekamen, erhalten jene im Internet durch das Downloaden raffinierter Musiksurfer nichts mehr. Bertelsmann-Chef Helmut Ostrowski sagte kurz vor seinem Sony-BMG Anteilsverkauf naheliegender Weise: "Das Gute ist, es hören mehr Menschen Musik als jemals zuvor. Das Schlechte ist, es ist nicht einfach, das zu Geld zu machen." Und Stephan Dorfmeister sagt über das weltbekannte österreichische Label Kruder & Dorfmeister: "Wir haben zu Hoch-Zeiten bis zu 40.000 Stück verkauft, jetzt sind es nicht einmal mehr 10.000." Doch generell würden "legal" bis zu 25% aller CDs online verkauft.

HOFFNUNG FÜR DIE MEDIEN

Die Hoffnung, aus diesem allseitigen Gratis-Selbstbedienungsladen zu kommen, der sich mit dem Werbeeffekt für Newcomer und mit "demokratisch freiem Meinungsverbreitungszugang für alle" rechtfertigt, liegt einerseits wieder in der Werbewirtschaft. Denn laut Branchenblatt Extradienst zeichnet sich 2009 ein Trend ganz deutlich ab: "Online-Werbung zieht weiter stark an und scheint gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erst richtig auf Touren zu kommen. Was auch mit dem günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis zu tun haben mag. (Anm. Red.: Da - wie gesagt, der Medienbetreiber so gut wie nichts an der platzierten Werbung verdient.) Und hier gibt es noch Platz nach oben. Hinkt doch unser Land in der Nutzung des Internets für Werbung und Marketing den Spendings vergleichbarer Länder noch deutlich hinterher. (Anm. Red.: Schon weil kaum eine Internet-Schaltagentur in Österreich sitzt, sondern meist in Deutschland, den deutschsprachigen Raum abdeckend!)" - Das Hoffnungselement für die Medienbetreiber kann daher nur in einer realen Anhebung eines Gegenwerts für die Platzierung liegen. Denn, so wie es jetzt ist, ist es im Grunde kein Geschäft zwischen zwei Partnern, sondern nur ein Geschäft für einen Partner, nämlich das werbende Unternehmen. Ein Schritt zur besseren Leistungs-Legitimation könnte von Österreichs Web-Mediaplanung (IAB Internet Advertising Bureau Austria) kommen, die 2007 mit ÖWA Plus nach Vorbild der deutschen Agof ein neues Meßinstrument für Internetnutzung (arbeitet ähnlich wie nach Sinus Milieus) einführte, sodass Medien vergleichbar gemacht werden und bessere Argumente gegenüber Agenturen und Werbetreibende gewonnen werden können. Langfristig wird sich das Ungleichgewicht der Geschäftspartner jedenfalls entschieden ändern müssen, da immer mehr Medien ihren Online-Auftritt ausbauen: Das Vorarlberger Medienhaus plant etwa bis 2014, 34 Prozent des Umsatzes im Internet lukrieren zu wollen, der bisher noch zu 90 Prozent durch den Printsektor bestritten wird, da der Online-Werbemarkt, laut Verlagschef Eugen Russ, "noch lange nicht ausgeschöpft sei". Bezeichnend ist, dass er den Inhalt dabei "lokal" ausrichten will: durch "lokales Internet mit lokalen Anzeigen und lokaler Berichterstattung sowie lokalem Service".

37% der freischaffenden Profi-Künstler jonglieren an der 900-Euro-Einkommensgrenze - das weiß Kulturministerin Claudia Schmied seit fast einem Jahr, und doch setzt sie sich bisher nur kosmetisch für jene ein: und gar nicht für deren Vorkommen im österreichischen Rundfunkgesetz.
- Eine Hoffnung birgt das Internet, insbesondere für die Musik. Bisher aber nur als Werbemedium, wo nichts verdient werden kann. Deshalb bräuchte ein heimisches Internet-Radio eine staatliche Förderung.



HOFFNUNG FÜR MUSIKER UND KREATIVE

Die zweite Hoffnung liegt andererseits in der rechtlich reglementierten Vergütung der Werke, sodass die Künstler und im Detail die Musiker an ihrer Arbeit etwas verdienen. Denn wenn 37% der freischaffenden Künstler mit professionellem Anspruch in Österreich laut einer von Kulturministerin Claudia Schmied in Auftrag erhobenen repräsentativen Studie im Juni 2008 entlang der armutsgefährdenden 900 Euro-Einkommensgrenze (Konsequenz: Kinder- bzw. Partnerlosigkeit) jonglieren, - wobei das mittlere Äquivalenzeinkommen (Pro-Kopf-Einkommen) auch nur 1.000 Euro pro Monat beträgt (Gesamtbevölkerung 1.488 Euro) -, dann trifft das auch auf die Musiker zu. Denn sie leben von ihren Rechten an den CDs, und das mehr schlecht als recht, da sie neben der Raubpraxis im Internet auch noch Knebelverträgen von Plattenfrimen ausgesetzt sind. Gefordert wird laut mica-music austria einerseits ein starkes Urheberrecht samt Schutz der Kreativen, der es ihnen erlaubt, aus nachteiligen Verträgen wieder auszusteigen bzw. einen gerechten Anteil an erwirtschafteten Gewinnen ("Bestsellerparagraph") zu erhalten. Außerdem soll der Kulturwirtschaft Österreichs in Anlehnung an die EU-UNESCO-Konvention zum Schutz kultureller Vielfalt von politischer Seite eine gezielte Strategie zu E-culture vorgelegt werden, samt Infrastruktur zur digitalen Musikverbreitung durch die öffentliche Hand oder durch Public-Private-Partnerships.

... Dass die Musiker vielleicht künftig etwas im Internet verdienen, dafür entwickelt MediaFuturist Gerd Leonhard Konzepte. Telefonie- und Suchmaschinen-Betreiber sollten etwa direkte Gelder an die Künstler abgeben. - Bisher funktioniert Internetradio lukrativ nur per kostenpflichtigem Abonnement.

Letztendliches Ziel ist aber natürlich die direkte Verdienstmöglichkeit des Musikschaffenden durch den Verkauf seiner Musik im Internet: Ableitend vom Faktum, dass weltweit 32 Millionen Konsumenten Musik streamen, also online hören, meint "MediaFuturist" und Buchautor Gerd Leonhard: "Es steht hier ein neues Wachstum bevor, weil bisher tatsächlich nur 2 Prozent der Bevölkerung online sind - und doch ist derzeit Myspace das fünftgrößte ´Land´ der Welt. Dabei werden die früheren Konsumenten zu Schöpfern, die durch nicht leicht zu trennendes "Anhören" und "Kopieren" mixen und remixen, was in den Businessmodellen zu berücksichtigen ist. Deshalb muss das Copyright um ein standardisiertes Nutzungsrecht für digitalisierte Musik erweitert werden. Die neuen Möglichkeiten im Internet müssen je nach Nutzung lizensiert werden, während Kontrolle (durch bisherige Musikkonzerne, Kopie-Verweigerung bzw. -Erlaubnis) keine Gewinnchancen mehr hat und Wachstumssicherung mehr bietet. Dann werden sich diese Möglichkeiten auch kommerziell lohnen."
In der Praxis heißt das, dass etwa ein Euro im Monat pro Mobile-Telefonierer an die Musiker gehen soll, wenn schon vier Milliarden Mobil-Telefone mit eingebauter Flatrate für Musik in Umlauf sind. Oder: "Die enorme Chance liegt in Musik-lizensierten Suchmaschinen, wie sie etwa Google in China, Norwegen und Dänemark als Musik-Service gestartet hat, um möglicherweise eine erste bezahlte Online-Initiative in Gang zu setzen, wonach von Google ein Euro pro User an die Datenbank-Kreativen gehen soll. Die Idee ist, dass die Kreativen überall, wo mit Musik-Anhören im Internet Geld verdient wird, ihren Anteil bekommen. Das bedeutet: das Musik-lizensierte Netz ist eine Riesenchance, wobei das Problem und dessen Lösung nicht beim kopierenden User, sondern bei der Industrie und Gesetzgebung liegt."
In der gegenwärtigen Praxis gehen einzelne Betreiber aber noch immer den konventionellen Weg: Das Internet-Radio Last.fm stellt etwa seit Anfang April dieses Jahres seine sieben Millionen Musikstücke und Videoclips für User außerhalb der - mit Werbeeinnahmen ausreichend versorgten - Länder USA, Großbritannien und Deutschland nicht mehr gratis zur Verfügung, sondern verlangt nach 30 Gratis-Musiktiteln ein Abonnement von drei Euro pro Monat, um die Rechte an Labels und Künstler zahlen zu können.

Weiterführendes Thema auf intimacy: art:


AUSBILDUNG IN GLOBALER GEFAHR - ÖSTERREICHS MUSIKER & TÄNZER VERSUS FILMER DAVID LYNCH & FORSCHER ERICH KANDEL

Weiterführende Themen demnächst auf intimacy: art:

E-Gitarrist Peter Paul Skrepek und Schlagzeuger Thomas Lang im Gespräch: Über die Existenz eines Musikers in Österreich und den "Zwang" eines österreichischen Musikers, in die USA auszuwandern

Der italienische Filmemacher Gianni Zanasi im Gespräch: U.a.: Der Effekt der gesetzlichen Quote an heimischen Filmen und Musik in der italienischen RAI.

Friday, June 20, 2008

AUSBILDUNG IN GLOBALER GEFAHR - ÖSTERREICHS MUSIKER & TÄNZER VERSUS FILMER DAVID LYNCH & FORSCHER ERICH KANDEL

Mit geeinten Musikerfäusten gegen Bologna-Vereinheitlichung (v.li.n.re): Alexander Steinberger (Wiener Philharmoniker), Peter Paul Skrepek (Musikergewerkschaft), Hanns Stekel (Johann-Sebastian-Bach-Musikschule), Peter Siakala (Wiener Symphoniker)


POLITIKER NEIGEN IM ZUGE GLOBALER ZUSAMMENARBEIT DAZU, EINFACHE MUSTER FÜR DEN WAREN- UND BILDUNGSAUSTAUSCH DER LÄNDER ZU ENTWICKELN - IM FALL VON BOLOGNA MIT FATALEN FOLGEN FÜR DIE QUALITÄT UND BESTÄNDIGKEIT DERZEITIGER VORZEIGEMUSIKER.
- GENERELLE FRAGE : LIEGT HINTER DEM WILLEN, ERFOLGREICH ALS NATION ZU BESTEHEN, EIN GRUNDSÄTZLICHER MANGEL IM AUSBILDUNGS- BIS POLITISCHEN ENTSCHEIDUNGSSYSTEM? - DIE TANZSZENE KLAGT AN.
FÜR MEDIALE FURORE UND GLEICHZEITIG FÜR ZWIESPÄLTIGE SKEPSIS SORGTEN IM KONTRAST DAZU ZWEI GLOBALE, VON DEN USA GEPRÄGTE UNIVERSITÄTSPROJEKTE, DIE IM KERN JEDOCH EBENFALLS FÜR KREATIVITÄT DES INDIVIDUELLEN MENSCHEN, STUDENTEN UND FORSCHERS EINSTEHEN
- EINE ANALYSE ZUR BESTÄNDIGKEIT ÖSTERREICHISCHER ELITE-FIGUREN IM GLOBALEN ZEITALTER, WOFÜR DIE BEDINGUNGEN DERZEIT KAUM ROSIG AUSSEHEN


VON DER AUSBILDUNG KÜNSTLERISCHER UND WISSENSCHAFTLICHER KORYPHÄEN IM GLOBALEN ZEITALTER

Längst ist Globalisierung kein Begriff mehr, mit dem nur Politik- und Wirtschafts-Verantwortliche für ihren jeweiligen, im Wettbewerb stehenden Kontinent entscheiden. Sie entscheiden im Sinne gegenseitigen Wohlwollens, während sie nach eigenen Vorteilen suchen, damit ihr Kontinent mit den anderen möglichst gleich gut - oder vielleicht doch noch ein bißchen besser - Handel treiben kann: Im (jetzt nahe liegenden) Fußballchargon hieße das: Amerika mit USA, Canada, Lateinamerika ... gegen Europa mit CEE, EE, CE, NE ... gegen Asien mit (vor allem) China, dem russischen und arabischen Gebiet ... gegen Australien ... und gegen Afrika, das (noch nicht ernst zu nehmend) als Newcomer in Entwicklung steht. Nein, die Globalisierung gelangt mit ihren Fühlern längst in die Lebenswelt jedes einzelnen Bürgers dieser inkludierten Länder, der sich mit jenen Entscheidungen abzufinden hat, die mit logischer und damit in grossräumiger Distanz gefällt wurden. Er muss sich nicht nur abfinden: er sollte unter ihnen auch noch erfolgreich sein oder - weltweit - zu den Besten zählen.

Was für höhere Trophäen gibt es da für Staaten und Kontinente zu holen, als durch elitäre Repräsentanten aus Kunst und Wissenschaft. Denn sie sind die einzigen Garanten für echten Wert, der für Wissen, Beständigkeit, "Wachsen der eigenen Kultur" und Beeinflussung anderer Länder stehen kann. Nur das bedeutet Macht und Leading-Potential. Doch ironischerweise erhalten Tätige in diesen Bereichen ihre tatsächliche Qualität erst durch Differenzierung und Detailbewußtsein - der komplette Gegensatz zum großflächigen Globalisierungsdenken. Am anschaulichsten wird das in der Kunst, und ganz besonders in der Musik: durch deren Fähigkeit zum Eindringen ins Unterbewußte des Individuums, ihre Eigenschaft als Identitäts- und damit Heimatstifter, ist sie am hochwertigsten, wenn sie absolut eigenständig, unverwechselbar, sprich keine einheitliche Massenware, sondern ein singurlares Ikon ist, das lediglich "der Masse gefällt". Das von der Regierung beschlossene Bologna-Modell mit seinen global-einheitlichen Ausbildungsschemata an den Unis zwecks Anrechenbarkeit von Zeugnissen für kosmopolitische Austauschstudenten kann so ein Ikon aber kaum hervor bringen, da dabei der Mittelbau mit seinen spezialqualitativ ausgerichteten Konservatorien und Musikschulen eingestellt werden soll. Das heißt: jene Musiklehrer, die zumeist aktiv in Vorzeigeorchestern oder als führende Bandmusiker arbeiten, verlieren nicht nur ihre Existenzgrundlage, sondern auch die Möglichkeit, ihr außergewöhnliches Können weiter zu geben. Und das Argument, jenes als Alternative halt privat(wirtschaftlich) tun zu können, scheint sehr kurzsichtig, da solche teuren Privatstunden für eine Familie oder einen Studenten nicht leistbar sein werden. - Abgesehen davon, dass das um Vieles wachsende logistische Denken im Alltag letztendlich auch jene "noch selbständiger" zu sein habenden Musiklehrer zwangsläufig als Top-Künstler schwächt. Also darin, worauf das Vaterland eigentlich stolz ist. Folglich wird eintreten, wovor sich alle fürchten: noch mehr unglückliche, arbeitslose Musiker und noch mehr Massenware für die internationale Abspielstation Österreich.

Peter Paul Skrepek (Gitarrist, Komponist und Präsident der KMSfB - Sektion Musik, sowie der Musikergilde): "Wissenschaftliche Abschlußarbeiten als Ausbildungszwang, machen aus Musikern Manager und theoretische Erbsenzähler, keine Virtuosen mit Liebe zur Musik."

ÖSTERREICHISCHE MUSIKGRUPPEN IM INTERNATIONALEN VERGLEICH HINTEN NACH

Nun könnte man optimistisch einwänden: der Konsument wünscht nur internationale, möglichst hochqualitative Einheitsware, was ja die fortschreitende Konzentration von Globalkonzernen und ihr wachsender Absatz beweist. Was aber für die Industrie gilt, gilt noch lange nicht für den Musikmarkt, auch wenn die Popindustrie - derzeit noch - das Gegenteil zu zeigen scheint. Man könnte dazu auch noch qualitativ argumentieren: um das hohe Niveau einer international erfolgreichen (d.h.: genre-gewohnte Hörbedürfnisse befriedigenden) Band zu erlangen, braucht es ja auch Einiges, um (wenigstens) das zu schaffen. Wer am ersten Mai zufällig im Prater auf das von Planet Music unter Muff Supper initiierte Wettbewerbskonzert International Live Award stieß, worin nach längerem Auswahlverfahren die zehn besten Bands Zentraleuropas mit Schwerpunkt Österreich gegen einander antraten (zum Anhören siehe Links unter diesem Artikel), um dann von einer Jury und dem Live-Publikum zum Sieger gewählt zu werden, konnte gut erkennen, dass die zwei gegen acht Österreichische Bands antretenden Gruppen aus Tschechien (United Flavour mit lateinamerikanischer Hiphop-Reggea-Sängerin) und der Slowakei (Alalya mit Rock-Sängerin) sowohl in der Show, im Musikaufbau als auch im Konzertverlauf, um Vieles ausgereifter waren, selbst wenn letztendlich die oberösterreichische Rockband Sympathy For Nothing (mit noch ausbaufähiger, Melissa-Etheridge-tendierender Rock-Sängerin) wegen der mitgebrachten, stimmstarken Fangemeinde gewann. - Das lag also eher am Heimvorteil und steht einmal mehr für den punktuell, aber nicht langfristig wirkenden Fußball-Markt-Mechanismus. Das muß selbst jene abschrecken, die sich als globalorientierte Markt-Denkende Profit und Erfolg erhoffen. Denn wenn schon der breit ausgerichtete Pop-Rock nicht funktioniert, wie sollen dann erst jene hochwertigen, bisherigen Vorzeigegenre (Jazz, Klassik, Volkslied, Schlager, Alternative, Elektronik) funktionieren, wenn man sie genauso wie den - in diesem Land nicht funktionierenden - Pop-Rock ausrichten will? Der deshalb nicht funktioniert - oder wenn, dann höchstens noch im Bereich der ebenfalls Stadtfest-tauglichen 80er-Altkaliber wie Opus, Boris Bukowski, Wilfried; des Hypes "Russendisko" wie Russkaja; oder des Starmania-Markenkonstrukts Christl Stürmer -, da die letzten Jahre gegenüber der Musik weder die Medien, noch Politik, noch Eltern, noch Schulen aufmerksam waren. - Dabei zeigen Formationen, wie Chaos de Luxe, die einst von Hansi Dujmic gegründet und zu dessen Gedenken 2008 im Wiener Orpheum von seinen damaligen Mitgliedern durch eine brillante Instrumentalnummer wieder aufgeführt wurde, wie großartig eine Rock-Pop-Gruppe Österreichs auch heute noch sein könnte. - Die derzeit insgesamte Präsentations-Situation birgt in sich jedenfalls verheerende Folgen für das im Tourismus noch wirtschaftlich erfolgreiche Kultur- und vor allem Musikland Österreich.

Peter Siakala (Vorstand der Wiener Symphoniker): "Wenn schon mit Geschäftszahlen argumentiert werden muß: der Trumpf der Musik heißt Umwegrentabilität. Den Rest des Managements darf nur das musikalische Gehör ausmachen, das massiv schwindet."

HEIMISCHE MUSIK-AUSHÄNGESCHILDER WEHREN SICH GEGEN EU-GLOBALEN BOLOGNA-BESCHLUSS UND MEDIENBOYKOTT

Neben einem Öffnungsveto statt Bologna zur Instandhaltung bzw. Wiedererweckung eines generellen Musikgehörs im Volk, muß also zuerst der Medienmarkt in den einhelligen Augen heimischer Vorzeige-Musikschaffender gesetzlich reglementiert werden (wie der parlamentarische und branchenintern diskutierte Stand der Dinge sowie jener der derzeitigen Mediaplaner- und Medienmarkt-Situation ist, folgt demnächst auf intimacy: art). Das liegt auf der Hand, weil dieser auf Kurzfristigkeit ausgerichtete, profitorientierte Markt nur Gewohnheiten bedient, anstatt welche hervorzurufen und zu lancieren, womit er sich selbst und seine Künstler langfristig zerstört. Auftakt zur allgemeinen Aufklärung hat diesbezüglich Ende Mai 2008 Peter Paul Skrepek, Präsident der Musiker-Komponisten-AutorenGilde sowie der Musikergewerkschaft (KMSfB - Sektion Musik in der Kulturgewerkschaft), mit einem prominent besetzten Aufgebot österreichischer Musiker im Wiener Presseclub Condordia gegeben: mit Dr. Hanns Stekel, Direktor der Johann Sebastian Bach-Musikschule in Wien, Vize-Vorstand Alexander Steinberger und Pressesprecher Michael Bladerer von den Wiener Philharmonikern sowie Peter Siakala, Vorstand der Wiener Symphoniker, deren ablehnende Haltung gegenüber Bologna schriftlich von Franz Welser-Möst, designierter Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper, Prof. Dr. Wendelin Schmidt-Dengler, Vorstand des Instituts für Germanistik der Universtität Wien, sowie Dirigent und Concentus-Musicus-Leiter Nikolaus Harnoncourt bekräftigt wurde. Beanstandet wurden seitens Skrepek drei bereits bestehende Tendenzen als Auswirkung der Bologna-Vereinbarungen: "1. Massiver Abbau der Musikausbildung (mit Spitzenreiter im Musikschulsterben "Wien", wo außerdem über 25-jährige nicht zugelassen werden), 2. Verwissenschaftlichung der Kunst (zugunsten wirtschaftlich-bürokratischen Managements und rein theoretischen Schreibens, was intuitiv-kognitive Fähigkeiten verdrängt), 3. Amateurisierung und Marginalisierung der Musikkultur (mit Resultat der internationalen Wettbewerbsunfähigkeit)."

Michael Bladerer (Pressesprecher der Wiener Philharmoniker): "Die Wiener Philharmoniker bilden eine musikalische Spitze ohne Pyramide: Die Musikausbildung ist in Österreich mit Schlußlicht Wien so fatal, dass wir im Inland keinen Nachwuchs mehr finden, außer aus Oberösterreich ..."

ÖSTERREICH MUSIKERNACHWUCHS BEI PHILHARMONIKERN UND SYMPHONIKERN BEREITS IN DER MINDERHEIT

"Seit Bologna hat weltweit eine Nivellierung stattgefunden", kritisiert im O-Ton Steinberger, und Bladerer ergänzt, "noch haben die Wiener Philharmoniker ihre Vormachtstellung, doch ist sie mit dieser Entwicklung gefährdet. Sie ist eine Spitze ohne Pyramide, denn tatsächlich fehlt es schon jetzt an der Basis, an Musiker-Nachwuchs mit ausreichenden Qualitäten bei hochwertiger, heimisch tradierter Musik in den Musikschulen. Wien bildet das Schlußlicht, Oberösterreich (noch) das Leitlicht, sodass derzeit tatsächlich 20 Mitglieder des Orchesters aus Oberösterreich stammen. Wir fordern weniger Bologna und mehr Oberösterreich." "Ich sehe die Gefahr nicht nur in der Musik, sondern in der Bildung generell", meint Siakala, "im Sport etwa, der immer mehr reduziert wird, obwohl er genauso aggressionshemmend wirkt wie die Musik, die aber noch dazu Intelligenz fördert." Deshalb sei es das einheitliche - derzeit nicht extra subventionierte - Ziel der 250 österreichischen Orchester, Kinder in Schulen auf spielerische Weise zum Hören zu erziehen. Aus demselben Grund, nur eben in Bezug auf die breite Masse, würden die Philharmoniker etwa auch das Mega-Konzert in Schönbrunn - ohne Einkommen - abhalten. Schließlich betonen die Musiker noch die nicht zu unterschätzende direkte, wirtschaftliche Dimension: via Umwegrentabilität in Aufführungsorten, direkter Einnahmen oder Schaffung kurzfristiger Arbeitsplätze bei Bühnenaufbauten.

Dr. Hanns Stekel (Direktor der Johann-Sebastian-Bach-Musikschule): "Wir registrieren in den Musikschulen eine Zweiklassengesellschaft, wo die Hälfte der Eltern keine musikalischen Grundkenntnisse mehr hat - das ist auch der Stand der breiten Bevölkerung. Sie ist es vor allem, die der konservatorische Mittelbau auszubilden hat."

SCHWINDENDES MUSIKGEHÖR IN ÖSTERREICHS GESELLSCHAFT MINDERT ALLGEMEINE INTELLIGENZ

Hanns Stekel siedelt das Problem dort an, wo es tatsächlich schon viel früher gegriffen haben mag: "Das grundliegende Musikwissen fehlt bereits den Eltern, die folglich auch keines weiter geben. Sodass wir selbst in der Musikschule eine Zwei-Klassengesellschaft registrieren: eine Hälfte mit musikgebildeten Eltern, eine Hälfte ohne. Die Selbstverständlichkeit von früher fällt also weg, sodass alles viel schwerfälliger geworden ist. Abgesehen davon, dass etwa Hackbrett und Zither überhaupt keiner mehr spielt." Und Skrepek - selbst Gitarrelehrer am Wiener Neustädter Konservatorium, das demnächst wegen Bologna seine Pforten schließen soll - meinte zur Leistungsanforderung künftiger Musikabsolventen, eine Wissenschaftsarbeit ablegen zu müssen, anstatt sich im engen Lehrer-Schüler-Verhältnis technisches Insiderkönnen bei persönlicher Motivation aneignen zu dürfen: "Ein Musiker sollte zuerst Musiker sein!" Dem Bologna-Vorhaben zum Trotz vergab er das von der MusikerGilde und der Musikergewerkschaft neu geschaffene "Gütesiegel für Musikschulen" an Hanns Stekels pädagogisch (noch) vorbildliche Johann Sebastian Bach-Musikschule in Wien. Summa-summarum seien aber nicht nur die künftigen Musiker gefährdet, die zu keinem eigenen traditionsgefärbten, unverwechselbaren Klang (wie etwa der Philharmoniker) mehr fähig sein würden. Sondern vor allem geht es auch um die breite Zuhörer-Masse, die nicht mehr in der Lage sein wird (ist), jene Qualität auch zu erkennen. Laut UNESCO wäre der Staat Österreich aber verpflichtet, das zu gewährleisten. Man könnte nun noch einwänden: Was man nicht hören kann, wird auch nicht vermißt, muß deshalb auch nicht gespielt werden. - So einfach ist das aber nicht: Denn das Ausland ist sehr wohl in der Lage, diese Tradition zu schätzen und zu lieben, weshalb die künftigen Musiker in Österreichs Vorzeigeorchestern nur noch aus Ausländern bestehen werden. Und Fakt ist schon jetzt: weit über 50 Prozent an diversen höheren Musikschulen und Universitäten sind ausländische Studenten (vor allem Asiaten).

Alexander Steinberger (Vize-Vorstand der Wiener Philharmoniker): "Das spektakuläre Schönbrunn-Konzert der Wiener Philharmoniker soll jährlich zur Volksbildung beitragen. Und der Ansturm ist gigantisch, was Hoffnung auf Bestand seitens Publikum gibt. - Hoffentlich nicht nur von Touristen."


UNDIFFERENZIERTHEIT ÖSTERREICHISCHER
KUNST- UND WISSENSCHAFTSBEWERTUNG SEITENS POLITISCHER ENTSCHEIDER

Weiteres Horrorszenario: Möglicherweise wirkt hinter dieser Entwicklung eines Bologna-Beschluß ja eine Spirale, die sich (irrtümlich) aus mehreren Facetten ergeben hat und weiterhin ergibt, und sich dabei ständig von Medien durch (Partei-)Politik, zu Künstlern und wieder zurück schlängelt. Primär fußt sie auf dem Phänomen der Schwarz-Weiß-Malerei von "intellektueller (sperrig-theroetischer) Kunst" als Höchstes der Gefühle, was scheinbar die linksliberal gerichtete Presse bewirbt, was wiederum (nur) linksliberal ausgerichtete Parteien fördern, und zwar strikt entgegen unterhaltsamer "Effektkunst", der scheinbar konservativ rechtsliberal gerichteten Presse und Politik. So mag es kommen, dass mancher Kunstbetreiber primär parteipolitisch orientiert ist, wodurch er in seinem Programm Dinge zeigt, die ihm eigentlich gar nichts sagen. Genauso wenig, wie sie dem Publikum etwas sagen, der eigentliche Gradmesser, selbst wenn sich auch der Publikumgeschmack bis zu einem gewissen Grad von der Presse und tendenziösen Stimmungen manipulieren lässt; was dann wiederum auf schnellen Erfolg ausgerichtete Künstler drängt, in jene (eigentlich wertlose Markthype-) Richtung zu gehen. Die Wahrheit ist zudem: Nicht jeder Journalist findet das, worüber er positiv schreibt, wirklich gut (besonders nicht in tendenziösen Medien. Oder Journalistenanfänger schreiben zunächst nur "werbend", um selbst verstehen und keineswegs kritisieren zu wollen, sowie um ihren Job sicher zu behalten); Fazit: Nicht jeder Politiker findet das, was er fördert, wirklich gut; Nicht jeder Künstler findet das, was er produziert, wirklich gut. - Vielleicht sollte man daher vor allem daran arbeiten, Menschen zu erziehen, die das tun, was sie wirklich gut finden. Dann würden wahrscheinlich weniger Geld und Menschenkarrieren aufs Spiel gesetzt. Was Österreich also fehlt, ist das Selbstvertrauen zur eigenen Wahrheit. Und dazu braucht es nicht nur Ermutigung, sondern auch Wille zur Mühe einer Differenzierung, vielleicht aber auch nur zur Mus(s)e, ein Kunstwerk wirklich beurteilen, spüren zu wollen. Denn sicher ist: nicht alles Theoretische ist große Kunst, nicht jedes Effektwerk ist automatisch platter Kommerz, und eine Spekulation dazwischen ist auch nicht unbedingt das Gelbe vom Ei, es kann das aber sein.

Für das Bildungsanliegen ist es der Gewerkschaft unter Peter Paul Skrepek erstmals gelungen, Musikvertreter aller Richtungen an einem Strang ziehen zu lassen: Denn die globale Nivellierung ist in der Kunst kontraproduktiv und langfristig auch für die Wirtschaft, weil auch jene von Neuerung und Eigenheit angetrieben werden muss.

ZUGRUNDERICHTUNG DES KUNSTMARKTS DURCH ZURUFE BEI STADT-STAATLICHEN KUNSTFÖRDERUNGEN

Noch ist die Spirale der scheinbaren Oberflächengewißheit aber intakt, die auch in Film, Theater und Tanz registriert wird. Latent weltweit - wie an Festivals zu sehen ist (Konkrete Besprechungen zum Wiener Filmfestival Viennale 2007, von den Wiener Festwochen 2008, von TanzQuartier / ImPulsTanz bringen wir in folgenden Berichten auf intimacy: art), und ganz besonders in österreichischen Produktionen. Vor allem Kunstdarbietungen, die sich über den Begriff der Bildenden Kunst definieren, entsprechen immer dem Klischee der "intellektuell-theoretischen Kunst", sind aber höchstens zu 20 Prozent als wertvoll und ausgereift zu klassifizieren. Dass sie sich überhaupt durchsetzen, liegt daran, dass sie sich - da aus theoretischem Gebäude entwickelt - logisch und gut beschreiben lassen, und zwar gleichermaßen unter Veranstaltern wie von Journalisten (die selbst hauptsächlich schreibend denken und fühlen und nicht primär musisch intuitiv), was dann folglich - sich nicht selbst vorort überzeugende - Politiker fördern. Für den ausschließlichen Rezipienten, der sich höchstens einführend einliest, wird das zu wenig sein. Die Folge sind enttäuschte Zuschauer, die so schnell nicht mehr in eine Vorstellung gehen und die schlechte Mundpropaganda verbreiten. Die Frage ist aber auch, ob eine Bühne oder ein Bildschirm wirklich geeignete Foren für solche Bildende Kunstwerke sind oder ob dafür nicht etwas anderes geschaffen werden muss. Es heißt also auch hier: sich die Mühe zu machen zu differenzieren. Am besten wäre, der Künstler wäre selbst dazu in der Lage. Er sollte wissen, ob er ausschließlich Theoretiker sein will, oder vielleicht doch ein Künstler, dem die Instinkte nicht abhanden gekommen sind.
















Peter Siakala: "Und man darf ja nicht vergessen, dass Musik nicht nur die Intelligenz fördert, sondern wie der Sport auch die Aggression mindert, das große Problem der derzeitigen Jugend" ...



ÖSTERREICHS BLÜHENDE TANZSZENE - EIN MARKETINGGAG

Instinkte kommen auch da immer mehr abhanden, wo sie eigentlich am erforderlichsten wären: im Tanz. Und auch hier finden wir einen von vielen verärgerten "Kommilitonen", den international erfolgreichen Choreografen und Ex-Volksopernballettdirektor Giorgio Madia, der sich im Unterschied zu anderen, aus leidenschaftlich-künstlerischer Überzeugung offen "die Wahrheit" zu sagen traut: "Der dynamische Prozeß im Tanz hat in den letzten fünfzig Jahren weltweit zwar zu positiv zu sehenden, variationsreichen Theaterinstutionen geführt, doch eint sie die vermehrte Zahl an Amateuren, ungeeignetes Training, die Nicht-Existenz gut ausgebildeter Tänzer, geringe Aufführungsqualität und schwindende Zuseherzahlen. Ich denke, das ist das Resultat wenig fundierter, (politischer) Entscheidungen, die eher auf dramaturgischen und administrativen Vorteilen als auf Kunstwissen und -willen beruhen. Parallel wurden und werden Budgets gekürzt, sodass Tanzkompagnien eingestellt werden, obwohl die Tatsachen klar dafür sprechen, dass es generell ein immer größeres Publikum mit wachsendem Interesse an Theater, Musik, Oper und darstellender Kunst gibt. Dieser - tatsächlich "schizophrene" - Zustand beruht auf dem Qualitätsempfinden heutiger "Berufstänzer": Auf dem Glauben, dass subventionierter (ausschließlich theorielastiger) Tanz gut sein muss, der sich von der Art, die das Publikum sehen möchte, gänzlich unterscheidet. Diese Kluft wächst, indem sich beide Pole immer weiter von einander weg bewegen. Das halte ich für ein trauriges Zeichen, dem starke und tatsächlich vom Tanz kommende, für ihre künstlerischen Erfolge renommierte Persönlichkeiten in leitenden Funktionen entgegen wirken sollten." Jetzt sei die Situation so, dass perfekt ausgebildete Tänzer keine Arbeit mehr finden würden, weil Tanzkompagnien Tänzer suchten, die zu ihrem (oftmals qualitätsniedrigen) Profil passen müßten. Madia: "Diese Tragödie nimmt weltweites Ausmaß an, und besonders alarmierend ist sie in der österreichischen Tanzszene. Das ist die Folge einer Ausbildung unter jedem Standard, was keine Tänzer mit Profi-Qualitäten hervorbringen kann. Deshalb fehlt Wien eine Tanzszene von aufregender Weltklasse." Die Floskel von der angeblich "guten österreichischen Tanzszene", die andererseits immer wieder durch die Medien rast, bezeichnet wiederum das Gros der wichtigsten Tanzprofis und -Veranstalter Österreichs unter vorgehaltener Hand als "einziger, riesiger Marketinggag"...














.. das findet auch Kultfilmer David Lynch, der zur Bekämpfung der weltweiten Aggression aber lieber zum universi
tären Meditieren rät - etwas, das er selbst beim Regieführen und Filmen tut, und es den Österreichern nun näher brachte.


IMPULSTANZ-LEITER KARL REGENSBURGER: "AUSBILDUNGSKOMPETENZ WIRD ZWISCHEN BUND UND STADT HERUMGESCHOBEN"

"Was zweifellos fehlt, ist eine zeitgemäße Tanzausbildung, sodass wir eine solide Grundlage haben", gibt ImPulsTanz-Festival-Leiter Karl Regensburger zu. "Da haben wir in Österreich bzw. Wien einen riesigen Aufholbedarf. Ehrlich gesagt, ermüdet mich aber dieses Thema, weil ich es schon seit 25 Jahren predige. Und jedes Mal wenn ich auch nur einen Gedanken daran verschwende, gerate ich in das Kompetenzproblem zwischen Stadt Wien und Bund, indem es vom Einen zum Anderen geschoben wird. Meine Aufgabe ist es schließlich nicht, den Job der Kulturpoltik zu machen", resigniert der Tanzbegeisterte, "ich habe diesbezüglich meine Kreise gedreht und muss mich darin nicht überholen." Dieses beschriebene System der Undurchdringlichkeit in den hohen Stellen Österreichs hat sein Pendant aber wahrscheinlich wieder im "bewahrenden Schulsystem, wofür das Pisa-Ergebnis ein echtes Abbild der Entwicklungen zeigt, indem pädagogisch zweifelhafte Lehrkräfte beschützt werden, die unkündbar sind", findet Regensburger: "Für einen Schulpolitiker ist es deshalb wahnsinnig schwer, dieses System zu durchbrechen und es neu zu entwickeln. Deshalb wird weiterhin Schindluder in Schulen getrieben, wo nachweislich Hochintelligente und spätere Doktoren ein- bis zweimal durchfallen gelassen werden. Das gehört also von der Basis her komplett umgewälzt. Wobei die Schüler heute ja noch zusätzlich zum psychischen Drill mit einer unsinnigen Stofffülle zugedröhnt werden. Es wird nur mehr, nicht besser."









Das Ausbildungsniveau ist allerdings nicht nur in der Musik fatal, sondern auch im
österreichischen Tanz: so ImPulsTanz-Leiter Karl Regensburger und Ex-Volksoper - Ballettdirektor Giorgio Madia (hier im Bild) - ein Zeichen des allgemeinen Dilemmas im politischen Entscheidungsverfahren.



SOZIALWISSENSCHAFTLER DIRK BAECKER: "ZERFALL DER GESELLSCHAFTLICHEN STRUKTURSICHERHEIT ALS CHANCE ZUR INDIVIDUELLEN STILISIERUNG"


Dass sich die soziale Wissenschaft hingegen sehr wohl Gedanken über Begabten-fördernden und überhaupt lernfreudigen Unterricht macht, behauptet der deutsche Soziologe Dirk Baecker während seines Vortrags über die Zukunft am 8. Juni 2008 im Rahmen der Wiener Festwochen, und zwar seit 30 Jahren: "Das war der Beginn von Montessori und Waldorf, konkrete Beispiele an Alternativen, wo Ermutigung des Lernens zentrales Thema ist. Seitdem fangen fortschrittliche Lehrer zuerst an, sich mit dem Lernen, nicht Lehren zu befassen. Ein guter Lehrer sagt nicht, "du mußt diesen Stoff lernen", sondern "ich weiß nicht, was aus Dir wird, wenn du was, wie und wann lernst ..." Diese Art von "Ungewißheit" ist für Baecker überhaupt in allen Lebenslagen des Menschen das Um und Auf, das den Reiz zur Motivation, zur Beständigkeit, des Fortlaufs ausmacht. Denn letztlich gehe es um das "intensive Leben", das "Erleben-wollen der Gegenwart", was nur durch das "Unbekannte" angetrieben werde: "Und das ist heute mehr denn je im Menschen verankert: in seinem Bewußtsein für die Komplexität der Gegenwart, indem er jeden Moment als Prisma erlebt." Damit spricht er die größere Zahl an Möglichkeiten an, die jeder heute im Blick hat, indem er sich traut, die Zukunft komplex zu sehen, die aber immer unbekannt sein muß, damit man sich noch um etwas bemüht. - Sei es in der Liebe, wo man nicht sagen dürfe, "wie lange sie noch dauert", denn dann wäre sie auch schon zuende. Die Ungewißheit sei der Kernpunkt der Demokratie, bezüglich Politikern und der vagen Wahrscheinlichkeit ihres Macht-Erhalts, oder wenn sie sich in amerikanischen Wahlen etwa zu 49-51 Prozent als "Zufälligkeitsprinzip" zu erkennen gibt, "was die Garantie des Politikers ist, sein Programm "irgendwie" formulieren zu können", sowie sich auch die Massenmedien durch täglich fortlaufende Nachrichten mit unbekannter Zukunft (ohne Ende) am Leben erhielten. Dasselbe gelte für die Wirtschaft, etwa die Mode: "Wenn ich wüßte, welcher Stil mir paßt, müßte ich nicht mehr in jeden Laden schauen", vereinfacht Baecker. "Wir sind also in allen Lebenslagen ständig gezwungen, uns neu zu stilisieren." Sodass selbst für die Wissenschaft gelte: "Forschen heißt, etwas zu suchen, was man noch nicht weiß." Und für die Kunst: "Kunst schöpft aus dem Unerwarteten, dem Künstler muß immer wieder etwas Neues einfallen, sonst sind die Zuschauer enttäuscht." (Anm. Red.: Was natürlich nur bedingt stimmt, da die Masse - nach wie vor - vornehmlich Bestätigung des Bekannten sucht.) Die allseits präsente "Unsicherheit" (bezüglich der Zukunft) sieht Baecker aber als Chance zu mehr Vielfalt: etwa durch den Computer. - Sinngemäß ist das wohl so zu verstehen, dass der Einzelne mehr Chancen hat, seine Eigenheit zu verbreiten, sodass sich viele kleine bis größere Netzwerke bilden können, was zu einer "Gleichzeitigkeit der Verhältnisse" führt, selbst wenn das Bewußtsein für die "Gegenwart flüchtig wird". Baecker: "Denn diese Komplexität der Gesellschaftverhältnisse bewirkt eine Beschleunigung." Und um "für alle Überraschungen bereit zu sein, stellen wir Ressourcen bereit", stellt der Sozialprofessor nun doch ein Quäntchen Sicherheit als Rahmen einer gelingenden Gesellschaft der Unsicherheit in Aussicht, deren Wahrnehmung sich um drei Punkte dreht: "1. Zeit, 2. Diversität, im Sinne von kultureller Vielfalt (emotional, nicht ethnisch gesehen), 3. Ökologie: im Sinne von in-Alternativen-Denken aller Parteien." Und Baecker schließt: "Nischen müssen sicher gestellt werden, damit das Kalkül der Gleichzeitigkeit aufgehen kann."

WELTWEITE REALITÄT DER AGGRESSION AUS ANGST VOR DER SOZIALEN UNSICHERHEIT UND BEI ÜBERFORDERTEN STUDENTEN / SCHÜLERN

Was hier so hoffnungsfroh skizziert wird, ist natürlich mit einer subjektiv gewollten Portion Optimismus eines Zukunftsszenarios versehen. - Denn tatsächlich könnte es sein, dass die Möglichkeit der derzeitigen Meinungsbefreiung des Einzelbürgers durch den Computer irgendwann durch die Mächtigen der Wirtschaft - wie zuvor in den Medienkonzentrationen im Nicht-Computer-Zeitalter - reglementiert wird, wenn anderweitig kein Geld mehr zu verdienen sein wird. Um das zu verhindern, bräuchte es wieder die Politik; - was auch Baecker einwirft. Er gibt auch zu, dass es selbst für ihn, als Teil der intellektuellen Elite der Gesellschaft, Zeit und Mut gekostet habe, seine eigene, kreative Meinung und Forschungserkenntnisse innerhalb der "starren" Wissenschaft zu äußern. Wie viel Kraft braucht dafür dann also erst ein geistig und gesellschaftlich weniger Gesegneter? Denn in Wahrheit leidet ja ein Großteil der Mittelschicht bzw. des Nachwuchses (in Schulen) an der Unsicherheit durch den Wertverlust, am Unvermögen, sich einen Stil innerhalb der vielen Möglichkeiten auszuwählen, geschweige denn, sich im Zeitalter der Unmusikalität, der Unkreativität, des technischen Nichtkönnens (siehe Musik- und Tanzausbildungsstand oben), einen eigenen Stil kreieren zu können. Eine Ahnung von der Verzweiflung heutiger entwurzelter junger (und alter) Menschen zeichnet Regisseurin Andrea Breth in ihrer Theaterinszenierung im Burgtheater (click zu Kritik auf intimacy: art: THEATER: ANDREA BRETHs THRILLER "MOTORTOWN" VON SIMON STEPHENS). Sie steht für die Aggression - offen in Massakern ausgelebt oder über Jahre heimlich ausgeübt -, die in regelmäßigen Abständen weltweit die Medien dominiert. Und genau hier zeigt sich aber die Möglichkeit, wo globales universitäres Denken sehr wohl Sinn macht, vielleicht sogar heilen kann:


GLOBALE VORAUSSETZUNGEN ZUR ENTFALTUNG INDIVIDUELLEN FORSCHERDRANGS - ZWEI MARKETINGWIRKSAME KORYPHÄEN AUS DEN USA


Konkret geht es da um zwei - für unser Presse- oder Marketingzeitalter typisch - star-stark beworbene Universitätsprojekte - deren US-geprägte Marktfreundlichkeit nicht zu leugnen ist. Vielleicht ist über sie aber wieder jene Ruhe und Mus(s)e) zur qualitativen Disziplin und Aufmerksamkeit zu finden, die die Beschleunigung durch die Komplexität der Gesellschaftsverhältnisse verhindert hat. Innerhalb des letzten halben Jahres traten in Wien (Österreich) der - unter den intellektuellen Kunstfilmfans gehypte - Kultregisseur David Lynch (der einen Doktortitel in Kunst hat) im Beisein höchster Universitätsrektoren, sowie der - unter den intellektuellen Wissenschaftfans gehypte - Nobelpreisträger der Hirnforschung, Prof. Erich Kandel, vor die staunende Medienzunft. Beide wollen die individuelle Kreativität und Forscherfreude von Studenten fördern, wenn auch unter anderem Vorzeichen. David Lynch setzt sich primär für die Aggressionsbekämpfung in der Welt ein, und zwar basierend auf der Technik der Transzendentalen Meditation (TM, Yoga) als Invincible Austrian University (Unbesiegbares Österreich) - ein ganzheitliches Erziehungssystem in einer Schule -, das Belastungssituationen, Stressfolgekrankheiten und chronische Erkrankungen bekämpft, mit nachweislich kohärenten, harmonischen und friedvollen Auswirkungen auf das Kollektivbewußtsein größerer Gruppen. Indem der Schüler / Student die ganzheitliche Ebene seines Bewußtseins erfährt (TM), arbeitet sein Gehirn integriert und ganzheitlich. Latente Gehirnreserven werden belebt und die verschiedenen Gehirnbereiche arbeiten besser zusammen. Mit dem Effekt wachsender Intelligenz, größerer Kreativität, besserer schulischer Leistungen, von Angstreduktion, Drogenrückgang, Selbstverwirklichung, erhöhter sozialer Kompetenz, und Verminderung des Burn-out Symptoms. - Der praktizierende Lynch ist selbst lebendes Beispiel für die Wirksamkeit dieses Effekts, den er rundum den Globus bewirbt und verbreitet. Mit kurios-assoziativen, das Unterbewußte ansprechenden Handlungssprüngen vermag er es in seinen Filmen außergewöhnlich individuell und ununterbrochen zu überraschen und dabei dennoch, in schönen bis grausamen Bildern eine vielschichtige Logik im Erzählduktus zu bewahren.

DAVID LYNCH FÜR GEISTIGE GESUNDUNG IN ÖSTERREICHS UNIVERSITÄTEN

Ansprechperson in Österreich ist der Allgemein- und Komplementärmediziner Lothar Krenner, der seinen Einsatz auf drei Behauptungen stellt: "1. Wissensverzicht und Unflexibilität zählen in unserer schwierigen Gegenwart zu jenen Faktoren, die Problemlösungen und erfolgreiches Handeln am meisten behindern. 2. Die Eliminierung von jedweder Art von Gewalt bildet die Grundlage für Gesundheit, wirtschaftliches Wachstum und dauerhaften Wohlstand in unserer Gesellschaft. 3. Die Vedische Friedenstechnologie ist – sowohl von der praktischen Anwendung als auch von der Seite des theoretischen Verständnisses her – wissenschaftlich umfassend abgesichert. Die Erzeugung von Ordnung, Kohärenz und Frieden in der Gesellschaft durch den Maharishi-Effekt ist heute eines der empirisch am besten untersuchten sozial-psychologischen Phänomene, die in der Soziologie bekannt sind." Und Maharishi Mahesh Yogi selbst meint: "Das heutige Bildungssystem ist nur berufsbezogen. Es bereitet Schüler und Studenten auf den lebenslangen Dienst bei einem Arbeitgeber vor, anstatt ihre wertvollsten Ressourcen zu entfalten: die menschliche Kreativität und den menschlichen Geist."

Wahrscheinlich ist es aber nicht so einfach, globale Univeritätsprojekte "als negativ" über einen Kamm zu scheren, da manche - wie hier David Lynchs indisch-geprägtes Invincible Austrian University - selbst individuelle Kreativitätsförderung zum Ziel haben.

ERICH KANDEL FÜR OFFENEN FORSCHERDRANG NACH INDIVIDUELLEN IDEEN ZUNUTZE GLOBALER INDUSTRIE UND POLITIK

Columbia-Universitätsprofessor Erich Kandel beschäftigt sich in seiner eigenen Forschung direkt und biochemisch mit dem Gehirn, macht sich aber auch stark für die von der Industrie subventionierte, eindeutig international geprägte und ebenso kooperierende, neue "Eliteuniversität" I.S.T. Austria (Institut für Grundlagenforschung, basierend auf einer Initiative von Universitätsprofessor Anton Zeilinger), situiert bei Gugging in Klosterneuburg. Ganz nach amerikanischer, offener Praxis plädiert er für interdisziplinäre Wissenschaftsfreiheit (was ansonsten auf Österreichs Universitäten seiner Ansicht nach nicht so einfach sei) von residierenden Wissenschaftlern aus aller Welt, um den Weg für neue Ansätze und Erkenntnisse zu öffnen. Selbst wenn das Forschen innerhalb dieses Rahmens letztlich einem wirtschaftlichen Nutzen dienen soll - denn die Gelder sollen langfristig (nach zehnjähriger, parallel laufender, staatlicher Subventionsphase) aus Industrie und Wirtschaft kommen -, so muss die Forschungsarbeit selbst völlig frei sein, damit der individuell-kreative Forscherdrang des Wissenschaftlers erhalten bleibt. Zitat: "Hier arbeiten außergewöhnlich innovative WissenschaftlerInnen, und selbst wenn an Bestellungen im globalen Kontext, so doch ausschließlich motiviert durch ihre persönliche Wißbegierde." (Anm. Red.: Zu hoffen ist, dass das kein Widerspruch sein mag!) Kandel selbst ist - ebenfalls wie Lynch - lebendes Beispiel für das überwältigende Resultat dieser Überzeugung, die "eigenen Ideen als Wissenschaftler zu verfolgen". Er nahm an, dass der Mensch emotional berührt sein muß, damit seine Erinnerung vom Kurzzeitgedächtnis zum Langzeitgedächtnis wird. Wie im ebenfalls in Wien beworbenen Porträtfilm von Petra Seeger, Auf der Suche nach dem Gedächtnis - Der Hirnforscher Eric Kandel zu sehen, geschah der Auslöser für ihn als Kind, als er ein Spielzeugauto geschenkt bekommen hatte und plötzlich nationalsozialistische Soldaten seine Familie aus unterer Mittelschicht aus der Wiener Wohnung vertrieben, sodass sie in die USA emigrieren mußte. Der Schmerz und die Verwunderung darüber waren so groß, dass er herausfinden "mußte", wie dieser psychologische Prozeß eines Volkes, "das Haydn liebt und gleichzeitig Juden umbringen kann", gehirnbiologisch funktioniert. Mit dem Resultat eines unbändigen Lernwillens bei Aufnahme unter 1400 Bewerbern an der Harvard University in Massachusetts, einer unglaublichen Karriere als Leiter des Howard Hughes Medical Institutes und erstaunlichen empirischen Erkenntnissen ...







Auch US-Gehirnforscher und Nobelpreisträger bzw. Wien-Emigrant Prof. Erich Kandel will an der Elite-Uni I.S.T. Austria möglichst frei und interdisziplinär forschen können - selbst wenn es zum globalen (von der Industrie bezahlten) Nutzen sein soll. - Entscheider sind also aufgerufen, sensibel und mit etwas Mühe zu differenzieren. (Fotos © Elfi Oberhuber)



AUFRUF ZUR MÜHE EINER DIFFERENZIERUNG


Bereits jede global ausgerichtete Forschungs- und Lehreinrichtung erfüllt somit einen - für sich - individuellen Sinn. Schon hier muß also differenziert werden. Eine globale Grundlage darf sich nur auf psychische, gesunde und finanzielle Parameter beziehen und nie auf konkrete Lerninhalte, da das hieße, den Stillstand einzuleiten. Darauf muß im Zeitalter des Nebeneinanders von Teilkulturen, dem Muß zum Schaffen von individuellen Lebensrealitäten oder gar von individuell-kreativ bestimmten, globalen Karrieren geachtet werden. Die Schlagworte dafür haben (im Aus/bildungssektor) daher auf jeden Fall zu lauten: Eingehen auf Individualität, Stärkung von Persönlichkeit, Berücksichtigung von kulturellen Traditionen, Gewährleistung der Vielfalt. Sonst sterben Wissenschaft und Kunst und überlebt nur Massenware, die am Ende selbst eingeht. Genau das also, was sich derzeit im Bereich der Massenmedien abzeichnet. Doch darüber mehr im demnächst folgenden Bericht über das geforderte Umdenken von Mediaplanern und Medien (ORF und Private im Computerzeitalter) vor der parlamentarischen Debatte zur Lage der Musik in Österreich.


Demnächst weiterführend zum Thema auf intimacy: art:

* Bericht über das geforderte Umdenken von Mediaplanern und Medien (ORF und Private im Computerzeitalter) vor der parlamentarischen Debatte zur Lage der Musik in Österreich
in aktuell / REALNEWS / WATCHER (= TIPPS)
* Gesprächsinterviews mit DAVID LYNCH und ERICH KANDEL
in artists / talks / politics
* Interview mit KARL REGENSBURGER, Leiter von ImPulsTanz Wien
in aKtuell / REALNEWS / INTERVIEW
* Interview mit HANS HURCH (Leiter Viennale), ERNST KIENINGER (Filmarchiv Austria)
in aKtuell / REALNEWS / INTERVIEW
* Analyse-Reihe (Arbeitstitel): "Tendenz der seltenen Glücksmomente und oftmaligen Unerträglichkeit von Kunstprojekten in Film, Theater, Musik durch Einfluß theorielastiger Bildender Kunst"
- anhand von Wiener Festwochen 2008-Schauspielbilanz, Beispielen zum Neuen Theaterschaffen in Österreich, von Filmen der Viennale 2007
in aktuell / REALNEWS / WATCHER (= TIPPS)



Links:
http://www.musikergilde.at
http://www.liveaward.com/ , www.internationalliveaward.com/cms/
http://www.ist-austria.ac.at
http://www.SchuleOhneStress.at , www.UnbesiegbaresOesterreich.at