Sunday, December 03, 2006

MODERNER TANZ MIT KLASSE: XAVIER LE ROY, YVONNE RAINER, OLGA ESINA (IN "ANNA KARENINA")


WIE SICH DER TANZ KLASSIKERN NÄHERT UND WORAUF BALLETT UND ZEITGENÖSSISCHER TANZ ACHTEN MÜSSEN, DAMIT SIE ZUR EIGENSTÄNDIGEN KUNST MIT QUALITÄT WERDEN

Zwei Augenblicke drängen dazu, zwei gänzlich verschiedene Kunstereignisse als Diskussionsfeld heran zu ziehen. Und zwar zur Frage: Wie denn wohl Klassik/er modern interpretiert als eigenständige Kunstform/en Sinn macht/en? Der erste Augenblick prägte sich während der Performance-Aktionskunst-Reihe Wieder und Wider im Museumsquartier ins Gedächtnis: als eine Ballerina, umgeben von drei zeitgenössischen Tänzerinnen, George Balanchines Ballettklassiker Agon parodierten. Die verantwortliche Choreografin, Yvonne Rainer, nannte dieses Stück AG Indexial, with a little help from H.M..

EXZERP: XAVIER LE ROY PARODIERT ZEITGENOSSIN YVONNE RAINER

Zwei Tage davor war Rainer - die dreißig Jahre aktive zeitgenössische Tanz- und Filmlegende des Judson Dance Theatre - selbst von Xavier Le Roy (u.a. in Zusammenarbeit mit Fritz Ostermayer, Alain Buffard, Eszter Salomon) in Continious Project / Altered Daily parodistisch "wiederbelebt" worden. Sie tanzte darin auch mit. Le Roy hatte eines ihrer Werke aus dem Jahr 1970 schon vor sechs Jahren in Angriff genommen, jetzt brachte er seine eigene Fassung noch einmal verändert auf die Bühne.

Generell ging es in diesem Rahmenprogramm um die Frage, wie historische Koryphäen (wieder) aufgeführt werden sollten. Da kein Künstler für die im Schaffungsprozeß unkreative Re-Konstruktion sein kann - die abgesehen davon ja auch unmöglich ist, da jede darstellende Kunst vom Wesen her einmalig und damit flüchtig ist -, waren alle beteiligten Performancekünstler für "Aneignung" von Klassiker-Originalen: im Sinne von Erwartungserfüllung des Publikums und eigenem Durchsetzen der Persönlichkeit. Das zeigten sie großteils indem sie auf Video abgespielte Klassiker in ihre kabarettreifen, live-getanzten Performances einbauten.

Zeitgenosse Xavier Le Roy ist ein Meister der parodistischen Klassik-Nachahmung: ob er nun Yvonne Rainer, Eszter Salomon, Giszelle (in Erwin-Wurm-Manier), den Fußball oder ein Orchester nachahmt. Letztlich deckt er durch äußerliche und bewegungsformale Dubletten und Erweiterungen echte Identitäten zu - und damit auf. (Fotos: © Dieter Ruchel, Katrin Schoof, u.a.)


Le Roy entwickelte konkret einen dynamischen Polstertanz, wo die Darsteller gefährlich schnell, aber weich, durch den Saal rutschten, bzw. eine Raupenformation aus rollenden Körpern, worauf einzelne Tänzer sich fortbewegten. Letztendlich schälte sich der komische Effekt heraus. Die tanz-existenziellen Gedanken Rainers vom Original waren nur noch rudimentär zu erkennen. Mit einem Wort, was da übrig blieb, war: Xavier Le Roy, so analytisch ironisch, wie man ihn kennt.

Die wesentliche Erkenntnis für den Zuschauer war nun aber: dass die zeitgenössischen Tänzer, gerade in Bezug zum Ballett, wovon sie sich einst abspalteten, tatsächlich nur über Distanz bzw. Ironie zur vollwertigen Kunstidentität gelangen können.

YVONNE RAINER WIEDERBELEBT BALLETTKLASSIKER BALANCHINE

Darauf baute auch Rainer: ihre anfangs erwähnte "Annäherung" war neben der Parodie auch eine Würdigung und Analyse. Das hatte den Effekt, dass sich die zuschauenden Ballettfans dachten, wie lächerlich unbeholfen die Zeitgenossen körperlich verglichen mit der Ballerina abschneiden, und sich die Zeitgenossen sagten, wie lächerlich identitätslos die artifizielle Ballerina doch war. Rainer: "Mir geht es genau darum, dass die Zuschauer nicht recht wissen: "Darf ich jetzt lachen oder doch nicht?" Es ist bewußt indifferent gemacht." Ursprünglich hatte Rainer dieses Werk geschaffen, um Tanz (als Kunst?) Menschen zu ermöglichen, die erst im Alter zu tanzen beginnen. Was diese Performance insgesamt aber erst (zeitgenössisch) einigermaßen "kunstvoll" machte, war die theatrale Komponente.

Denn rein vom Tanz her, tanzte die Ballerina sowohl die Klassik (Igor Strawinsky), als auch den Modernen Tanz (Henry Mancini: The Pink Panther) um vieles besser.










Yvonne Rainer macht ein bewußt doppelironisches Stück über eine Balletttänzerin, die drei postmoderne Choreografinnen (Tänzerinnen) begleiten, während sie George Balanchines Klassiker Agon wiederbeleben. Am Ende lachen die Zeitgenossen über die Klassik, die Ballettfans über die Zeitgenossen. (Fotos: © Andrea Geyer)

OLGA ESINA INTERPRETIERT MODERN-KLASSISCHE ANNA KARENINA VON BORIS EIFMAN

Dieser Gedanke sollte den Zuschauer nun noch ein weiteres Mal beschäftigen, und zwar im zweiten prägenden Augenblick: als sich die Solotänzerin des Wiener Staats- und Volksopernballetts, Olga Esina, während der Premiere des Tolstoi-Literaturklassikers Anna Karenina, nach durchgehend klassisch getanztem Stil in den zwei letzten Szenen plötzlich im Modern Dance versuchte. Pardon, das war kein Versuch, sondern eine großartige Leistung. Wohl hatte sie schon zuvor im klassischen Teil die eine oder andere schwierige, moderne Haltung einfließen lassen, allerdings immer noch im klassischen Grundstil: leicht, beweglich, edel, erhaben: als sehnsüchtige, leidenschaftliche und leidende Anna Karenina. Doch da jene dann einen Opiumrausch durchmachen mußte, erfuhr sie auch tänzerisch und charakterlich den Moment der Verwandlung: sie wurde temperamentvoll, kräftig, hart, intellektuell. Bestechend einprägsam war sie allerdings durchgehend, denn es umgibt sie eine körperliche und bewegungszauberische Aura.

Olga Esina vermengt in der Choreografie Boris Eifmans des Tolstoi-Klassikers Anna Karenina klassisches Ballett mit Modernem Tanz, so dass sie in beiden Richtungen bewunderswert glaubwürdig ist. Hier als Anna und mit dem ebenso expressiven Vladimir Shishov (Wronski). Leider sind die Männertutti, sowie das ganze konventionell erzählte Nummernstück in Ablauf und Schrittplan ein wenig zu platt und kommerziell auf Effekt gemacht.
Auf dem Foto unten mit Kirill Kourlaev (Karenin) samt Ensemble wirkt das besser als im live-Erzählfluß. (Fotos: © Dimo Dimov/Das Ballett der Wiener Staatsoper und Volksoper)


Nur schade, dass das Stück, in dem Olga Esina und ihre ebenfalls ausdruckstarken Co-Solisten (vor allem Vladimir Shishov als Liebhaber Wronski, der etwas zu überzeichnete "Ehemann Karenin", Kirill Kourlaev, starrte beim Tanzen mit offenem Mund zu viel in die Luft) samt technisch exakt expressivem Ensemble "lebten" - insgesamt zu spekulativ kommerziell von Choreograf Boris Eifman aufgezogen ist. Zu viele Videoclip-artige Männer-Tutti, zu schnelle Szenenwechsel, zu großer "Nummerncharakter" ließen das Werk inhaltlich leider oberflächlich werden. Für Gefühle braucht man etwas mehr Zeit. - Giorgio Madias Nummernwerke Nudo und Alice waren während seiner Volksopernballettdirektoren-Zeit weit sensibler und auch schritttechnisch differenzierter: seine Tutti enthielten Kontrapunkte, die Geschichten wurden ironischer und zärtlicher erzählt. Dennoch: nachdem wir im letzten Jahr im Wiener Staatsballett wirklich nur Schrott gesehen haben, ist diese Anna Karenina zur Musik von Tschaikowski (UA war 2005 in St.-Petersburg) geradezu eine Glanzleistung! Und auch endlich mit einem brauchbaren Dirigenten (David Levi)!

DAGMAR KRONBERGER ALS "ANNA", ENO PECI ALS "KARENIN"

Diese Anna Karenina wurde nun am 12.12. in neuer Hauptrollen-Besetzung auf die Bühne gebracht. Eine der rar gewordenen Österreicherinnen im russisch-dominanten Corps, Halbsolistin Dagmar Kronberger, tanzte die Anna Karenina. Da nun aber Anna Karenina einmal Russin ist, traf Olga Esina deren leidenschaftlich-eleganten Charakter doch besser. Dagmar Kronberger arbeitet zu sehr aus dem Kopf und hat - recht muskulös, groß und mit natürlich-bodenständiger Ausstrahlung - den passenderen Körper für akrobatische und moderne Ballette, sowie für Walzer und Mozart. Am besten wirkte sie daher im engen Body-Suit während der popig modern getanzten Drogenwahn-Szene.

Die große Überraschung der Neubesetzung war dagegen der Italiener Eno Peci. Er tanzte den verlassenen Karenin - abgesehen von der technischen Virtuosität - so interessant und mit innerem, positiv zu sehendem Charakterreichtum, dass man sich fragen mußte, wieso Anna diesen höchst begehrenswerten Mann nur verlassen konnte. Noch dazu, da die Neubesetzung des Wronski durch Ivan Popov völlig farblos und nichtssagend war. Außer dass dieser größer als Eno Peci ist und deshalb größenmäßig besser mit Dagmar Kronberger harmonierte, ist über ihn nichts Besonderes zu erwähnen.

Die optimale Besetzung wäre daher Anna: Olga Esina, Karenin: Eno Peci, Wronski: Vladimir Shishov!

BALLETT: Anna Karenina * Autor: Leo Tolstoi * Musik: Peter Iljitsch Tschaikowski * Choreografie, Regie: Boris Eifman * Dirigent: David Levi * In wechselnder Solistenbesetzung! * Ort: Volksoper Wien * Zeit: 28.1., 19.,25.2.2008: 19h + 18.2.2008: 18h + 5.3.2008: 20h

Sunday, November 19, 2006

EXPERIMENTE - WIE GROSSE KÜNSTLER ZUM ALBTRAUM WERDEN



Porträt: Komponist Bernhard Lang hat entweder zuletzt zu viele Aufträge angenommen oder Lust am öffentlichen Scheitern. © G. Hipfl

Filmstill rechts: Medienkünstler Norbert Pfaffenbichlers Notes on Film 02 mit Annäherung zum Spielfilm: ein Experiment, das leider nicht aufgegangen ist. 2006 © Österreichisches Filmmuseum.



KOMPONIST BERNHARD LANG SAUST MIT ZWEI UNFERTIGEN VERSUCHSPROJEKTEN IN DEN KELLER - MEDIENKÜNSTLER NORBERT PFAFFENBICHLER MIT SEINEM INKONSEQUENTEN "SPIELFILM"

Eigenartig, wie hoch man einen Künstler nach einem gelungenen Werk stellt und wie tief man ihn fallen läßt, wenn er einen sprichwörtlichen Krampf abliefert - der Krampf ist meist Resultat einer nur ansatzmäßig ausgeführten Arbeit. Bernhard Lang, gerade mit seiner genialen Komposition der Oper I hate Mozart zum "Mozart" unserer Zeit gefeiert, zeigte auf diese Weise, dass er doch nur ein experimentierender Mensch ist, und in seltenen Fällen ein Genie.

Norbert Pfaffenbichler, als Medienkünstler bisher durch extreme Ästhetik und konzeptuelle Exaktheit in Kurzfilmen bekannt, ist in Notes on Film 02 - das im Filmmuseum zu sehen war und verständlicherweise schwer woanders unterkommt - gerade Ähnliches passiert. Ist es ein Zufall, dass dabei Bernhard Lang die Musik komponiert hat?

LANGS QUÄLENDES EXPERIMENT

Bernhard Lang - Personale-gewidmeter Star des zeitgenössischen Musikfestivals Wien Modern 2006 - kann mit seiner Musik sogar ein regelrechter Quälgeist sein, wie an seinem Duo-Abend mit Philip Jeck im Wiener Konzerthaus zu hören war. Während Jeck mit Turntables den Raum elektronisch füllte - was noch etwas Linie zu haben schien - patzte Bernhard Lang mit seinem Laptop (Electronic devices) irgendetwas zusammen. Diese Geräusche-Beliebigkeit mißfiel dem Publikum sichtlich, der Applaus war bescheiden und kurz. Gestaunt werden konnte nur über die "komischen" Instrumente: Nämlich dass zwei Computer abendfüllend sein können - wenn sie es denn auch können (!).

PFAFFENBICHLERS UNERTRÄGLICHES EXPERIMENT

Langs Musik in Norbert Pfaffenbichlers Film - der absurderweise von Filmmuseum-Chef Alexander Horwath "Spielfilm" genannt wurde - macht zwar mehr Sinn, vermag es (wegen des Films) aber nicht, als sinnvoll haften zu bleiben. Notes on Film 02 ist konzeptuell von der Idee getragen, Film als Sprache zu verstehen, wobei der Zuschauer in die Rolle des Cutters schlüpft, der beim Schneiden im Vorlauf immer wieder dieselbe Szene ansehen muß, bis er nur noch ihre Oberfläche und nicht mehr den Inhalt sieht.

Inhaltlich basiert der Film in wenigen Handlungsszenen auf den 26 Buchstaben des Alphabets. Darin ist einem Pärchen gegensätzlicherweise die Kommunikation abhanden gekommen, was formal 26 mal pro Einstellung, mit jeweils nur leichten inhaltlichen Variationen, umgesetzt ist, sodass sich wiederholte Beziehungsmonotonie einstellt. Mann und Frau haben darin ihre Bilder von einander im Kopf und Angst davor, mit dem Be- bzw. Aussprechen ihrer wahren Persönlichkeiten den gegenseitigen Bezug zu verlieren. Da hilft es auch nicht, dass die Frau andauernd (von Ursula Strauss schlecht gespielt) sagt, "sprich mit mir".

Die dominante Form der Oberfläche bzw. der Wiederholung - das Wesen des Films schlechthin - zerstört letztenendes die Beziehung. Oder: Die Rationalität der gelebten Alltagsrituale zerstört die irrationale Gefühlswelt. Das konfrontiert Pfaffenbichler wiederum mit dem Zitat Adornos, das besagt, dass auch die Kunst ihre jeweilige Gesellschaft irgendwann überholt, indem sie sich durch ihre strikten, innewohnenden Gesetze zerstört.

JEDES GENRE HAT SEINE GESETZE

Ist die Idee dieses Werks reif durchdacht, so bleibt dennoch zu fragen, wie man das formal ausdrücken kann, ohne die Nerven des Zuschauers 96 Minuten auszureizen. - Noch dazu, da Pfaffenbichler ohnehin etliche formale Kompromisse an Inkonsequenzen innerhalb seiner Logik zuließ. Da nützt auch der ungemeine Charme des Medienkünstlers (Filmemachers?) nichts, indem er die Unerträglichkeit seines Films einfach zugibt. Er soll nächstens also bitte bei der Medienkunst bleiben, oder die Medienkunst so (kurz) im Spiel- bzw. Illusionsfilm einsetzen, dass es der Gesetzmäßigkeit des Spielfilms noch entspricht.

Pfaffenbichlers Problem seiner aufgestellten Behauptung in Notes on Film 02 liegt nämlich darin, dass er von Gesetzen spricht, die es in dieser Form im Spielfilm nicht gibt! Deshalb funktioniert dieser Film auch nicht, bzw. hat er sich bereits als Kunstform gemäß Adorno überholt, bevor er als Kunst überhaupt zu existieren begonnen hat.

LASSEN SICH EXPERIMENTE VERMEIDEN?

Sowohl Pfaffenbichler als auch Lang sind anhand dieser Werke Beispiele dafür, wie man den Leuten die Lust auf Kultur austreiben kann. Andererseits wirft es die Frage auf, wie sich Künstler am Leben erhalten lassen, indem sie nur "fertige Arbeiten" veröffentlichen. - Gelingen und Scheitern gehören ja angeblich zur Kunst dazu. - Sollte das etwa auch via Ge- und Mißfallen zur Erlebnispflicht des Publikums gehören?
Prinzipiell bleibt es aber ratsam, sich als Top-Künstler solche Schnitzer nicht allzu oft zu leisten. Hoffnungsträger für Besseres im Falle von Pfaffenbichler und Lang sind glücklicherweise zwecks Wiedergutmachung in Sicht:

MEDIENKUNST Pfaffenbichler - derzeit mit dem gelungenen Werk Notes on Film 01 bis 21.1.07 im Theatermuseum zu sehen - ist gerade am Projekt Film am Bau beteiligt
MUSIK Bernhard Lang schreibt für Schwetzingen 2007 die Musik für 6 Stimmen und verstärktes Ensemble (~90') zur Oper Der Alte vom Berge.

Wednesday, November 08, 2006

SKULPTUR IM HOCH - NICHT NUR BEI DEN MÄNNERN ERWIN WURM UND GOTTFRIED BECHTOLD

Männerthema Auto:
Gottfried Bechtold konnte 35 Jahre nicht von seinem Porsche lassen: jetzt sind es finale Elf in Beton. Die Geschwindigkeit ist für immer festzementiert. Ausstellungsansicht KUB-Platz (Reine und gemischte Zustände, Kunsthaus Bregenz, 01.10. – 19.11.2006, Foto: Markus Tretter, © Gottfried Bechtold, Kunsthaus Bregenz)
Darunter Erwin Wurms fetter Porsche Fat convertible, 2005, der die deformierten Gedanken hinter den Besitzern bloßstellt. (mixed media, 130 x 469 x 239 cm. Private Sammlung, Brüssel, Foto: Courtesy Galerie Xavier Hufkens, Brussels /Vincent Everharts, © Erwin Wurm: VBK, Wien 2006)

Männerthema Frau:
Gottfried Bechtold hat ein paar neue Ready-maid Dianas geschaffen: mit langen polierten Beinen aus natürlichem Holz und einladender Scheide. Ausstellungsansicht 2. OG (Reine und gemischte Zustände, Kunsthaus Bregenz, 01.10. – 19.11.2006, Foto: Markus Tretter, © Gottfried Bechtold, Kunsthaus Bregenz)
Darunter eine von Erwin Wurms attraktiven Damen, mit denen er dann alles unmögliche anstellt: Outdoor sculpture Taipei, 2000 (c-print, 126,5 x 159,1 cm. Sammlung/Collection: Galleria d’Arte Moderna, Bologna, © Erwin Wurm: VBK, Wien 2006)


Männerthema physikalische Fremdverwendung:
Nach dem Ofen in der Kühltruhe 1973 schuf Gottfried Bechtold nun die Arbeit Kalt Warm: zwei idente Geräte, aber mit unterschiedlicher Wärme. Ausstellungsansicht 3. OG (Reine und gemischte Zustände, Kunsthaus Bregenz, 01.10. – 19.11.2006, Foto: Markus Tretter, © Gottfried Bechtold, Kunsthaus Bregenz)
Darunter Erwin Wurms Keep a cool head, 2003, mit Anleitung, wie man im Kühlschrank einen Joint rauchen kann. (Kühlschrank/refrigerator, 85 x 50 x 61 cm. Foto/photo: MUMOK/ Lisa Rastl, Vienna, © Erwin Wurm: VBK, Wien 2006)



AUSSER DREI THEMEN HABEN ERWIN WURM (DERZEIT IM MUMOK WIEN) und GOTTFRIED BECHTOLD (IM KUNSTHAUS BREGENZ) AUCH NOCH DENSELBEN ZUGANG ZUR SKULPTUR GEMEINSAM

Abgesehen davon, dass sie prinzipiell dieselbe Einstellung gegenüber der Kunstform "Skulptur" haben - nämlich den Begriff über Aktionen, Performances, Objekte, Texte, Installationen, etc. in unterschiedlichsten Materialien und Medien (Fotografie, Film, Video) auszuweiten, indem sie mit Bezug zum Alltag und der einhergehenden Infragestellung traditioneller Material- und Formensprachen ein möglichst großes Publikum ansprechen wollen - haben Gottfried Bechtold (geb. 1947 in Bregenz) und Erwin Wurm (geb. 1954 in Bruck an der Mur) drei wiederkehrende Themen gemeinsam. Sie müssen für sie sehr persönlich sein, denn es sind eigentlich typische Machothemen.

AM ANFANG WAR DAS AUTO

Ein geradezu aufrichtiges Geständnis, ein Autofetischist zu sein, kommt vom bis 19.11.06 im Bregenzer Kunsthaus ausgestellten Gottfried Bechtold. Sein neuestes Skulpturen-Ensemble Elf Elf, elf Abgüsse eines aktuellen Prototyps der Porsche-911-Serie, ist als monumentale Schlussfassung gedacht, die das Projekt Porsche ein für alle Mal zum Stillstand bringen soll. Vor 35 Jahren hatte Bechtold den ersten Betonporsche als Abguss seines eigenen Fahrzeuges präsentiert. - Inzwischen ist der Porsche-Carrera-S-997-Prototyp in komprimierter Schrottform selbst Ausstellungsobjekt geworden. Der Reiz dieser Verwandlung liegt für ihn im Paradoxon eines zur völligen Starre gebrachten Extrem-Geschwindigkeitsmythos. Anzunehmen ist, dass der Künstler bei diesem Gedanken selber den größten Schrecken haben muß. Schließlich hat ihn der Porsche schon 1971 zu "Reise-Standbildern in verschiedenen europäischen Ländern" angeregt, selbst wenn sie in Wahrheit in Vorarlberg geschossen wurden. Die Wegkommen-Fantasie sitzt daher hauptsächlich im Kopf - ganz besonders in Bechtolds.

Der Porsche von Erwin Wurm - im MUMOK Wien bis 11.2.07 zu sehen - ist dagegen nicht beton, sondern fett. Schnell wird er schon noch sein, aber wie sehen die Gedanken desjenigen aus, der sich so ein Auto wünscht? Hat er auch ein fettes Haus, mit Dackel davor? - Denn Wurm spiegelt dabei im Grunde kleingeistige, durchschnittsbürgerliche Überzeugungen und Geschmackswerte, die sich in fetter Deformation äußern. Das Wunderliche aber ist, dass all die fetten Objekte Wurms gleichzeitig total lieb aussehen - in das fette Häuschen möchte man doch am liebsten einziehen, das einen dann über Video fragt: "Am I a house? - All houses could be art!" Und da es auch noch Kunst ist und nur wie Nicht-Kunst aussieht, ist dieses Werk wie beinahe jedes von Erwin Wurm zutiefst doppel- wenn nicht sogar vieldeutig. Es stellt sich selbst, während es Fragen stellt, infrage. Frage an Erwin Wurm: "Würden Sie nicht gerne in einem netten Häuschen wohnen, wo ihre Kinder es gemütlich haben? Und wie schaut eigentlich Ihr Auto aus? Ist ein Porsche wirklich ein Nicht-Kunst-Auto?" Tja, die persönliche Haltung Wurms ist nicht eindeutig abzuschätzen, während man bei Bechtold sofort weiß, dass er den Porsche mag. Aber zumindest spürt man auch bei Wurm, dass er "ein Mann" ist.

DANN KAM DER FRAUENKÖRPER

Am meisten kommt der Mann in Erwin Wurm durch, wenn er Frauen als Modelle einsetzt. Während das Aussehen der Männer egal zu sein scheint, sind die Frauen meist überdurchschnittlich attraktiv. Mit der Wirkung solcher Frauen spielt er bewußt: Besonders in einem Video, worin eine Langhaarige mit nackten Armen und überschlagenen Beinen auf weißem Sofa spricht. Hört man noch keinen Ton, denkt man, Wurm wolle die dominante, lasziv-elegante Körpersprache der Frau bloßstellen, wobei ganz egal ist, was sie sagt. Setzt man dann den Kopfhörer auf, beschimpft sie jemanden mit ärgsten Worten (gschissenes Arschloch, hau ab!) - da glaubt man doch, sie zerstöre gerade sämtliche Erwartungshaltungen eines verliebten Mannes. Und schaut man noch auf den Titel des Werks, Rede zur Lage der Nation, weiß man erst, dass damit die Gesellschaft- und Kulturpolitik gemeint ist. - Eine Mehrfach-Ebenen-Entdeckung, die bei fast allen Werken Wurms zu machen ist. Und am Ende hat man noch immer nicht alles entdeckt. Aber dass Wurm auf genormt-attraktive Frauen steht (die er dann zu abstrusen Deformierungen zwingt!), läßt sich mit Sicherheit erahnen.

Gottfried Bechtold hingegen hat in seinen neuen Arbeiten der Serie Ready-maid Dianas mehrere polierte und oberflächenbehandelte, natürlich gewachsene Baumgabelungen geschaffen. Sie lösen Assoziationen an einladende Unterkörper, Scham und Beine von Frauen aus. - Sehr interessant, woran dieser Mann bei Frauen "so" und "als erstes" denkt ...

UND ALLES ENDETE IM KÜHLSCHRANK

Wir wollen nicht glauben, dass Bechtold "eine heiß-scheinende - aber in Wahrheit kalt wie ein Eisschrank seiende - Frau, künstlich nach seinem Willen erhitzen wollte", als er 1973 seinen Ofen in der Kühltruhe schuf. Dabei reguliert ein Elektroofen die Temperatur in der Truhe auf genau 0 Grad Celsius. Nein, es ist eines der zahlreichen Spiele des Künstlers, physikalische Gesetze auf den Kopf zu stellen. 2006 entwickelte er das Ofen-Kühltruhe-Konzept zur Arbeit Kalt Warm, wo der Betrachter tatsächlich erlebt und fühlt, wie zwei vollkommen identische Stahlobjekte anders wirken: einmal extrem warm, einmal extrem kalt.

Erwin Wurm wiederum verwendet den Kühlschrank als Kopfkühler. Das ist aber noch nicht alles. Unter schriftlicher Anleitung soll der Betrachter Kopf und Arme reinstecken, um dort einen Joint zu rauchen und ein Bier zu trinken. Einerseits eine Weiterentwicklung seiner One minute sculpture, andererseits ein Seitenhieb auf öffentliche und hysterische Rauch- und Alkoholverbote.

BOOM DER SKULPTUR

Wurm und Bechtold sind zweifellos zwei Kapazunder der Skulptur-Kunst. Und sie haben - zugegeben - noch mehr spannende Seiten als hier an diesen drei Macho-Themen - die wir im Sinne der Natur des Mannes durchaus positiv sehen - festgemacht worden sind.
Bis November hatte das Lentos Linz eine lange dauernde Ausstellung mit neuen und etablierten zeitgenössischen Künstlern. Von 22.11.06-30.3.07 wird auch die Galerie T-B A21 Thyssen-Bornemisza Art Contemporary in Wien, mit einer diskursiv angelegten Skulptur-Schau dem Trend als expanisivem Begriff gerecht werden.

AUSSTELLUNG Gottfried Bechtold - Reine und gemischte zustände * Kurator: Rudolf Sagmeister * Ort: Kunsthaus Bregenz * Zeit: bis 19.11.06, 10-18h, Do bis 21h
AUSSTELLUNG Erwin Wurm - Keep a Cool Head * Kurator: Edelbert Köb * Ort: MUMOK Wien * Zeit: bis 11.2.07, 10-18h, Do bis 21h, Montag geschlossen
AUSSTELLUNG This is not for you. Diskurse der Skulptur * Ort: Thyssen-Bornemisza Art Contemporary, Himmelpfortg. 13, 1. Stk., 1010 Wien * Zeit: 23.11.06-30.3.07, 12-18h

Thursday, October 26, 2006

ETHNOFLUT ALS SCHÖNE UTOPIE



Filmstill aus Dry Season (Daratt), wo ein Junge dem Mörder seines Vaters kaum verzeihen kann, deshalb die Waffe in seiner Hand (© Frank Verdier; sowie aus Hamaca Paraguaya, ein wortarmer, dafür bild- und rhythmusschöner Film über das lebenslange Warten. (© N.N.)

WIE SCHÖN WÄRE DOCH, WENN ALLE VÖLKER GLEICH VIEL WERT WÄREN, JEDER ÜBERLEBEN UND JEDER ARBEITEN KÖNNTE. UND ZWAR DAS, WAS IHN FREUT UND JEDER AUCH NOCH GENUG DAFÜR BEZAHLT BEKOMMT. - INTEGRATIONSFLUT IM GARTENBAUKINO, FILMMUSEUM, KÜNSTLERHAUS UND KUNSTHAUS WIEN

Das Wiener Filmfestival Viennale hat es bereits in der Dokumentarfilmschiene eingeleitet: Das besondere Interesse von Künstlern und Filmemachern an Befindlichkeiten (kultureller) Minderheiten in schwierigem Lebensumfeld, sei es im Verhältnis von Chinesen zu Nordkoreanern, von Alt- zu Neuchinesen, sowie an der Gefühlslage kriegserschreckter Russen oder von Bürgern in faschistischen Staaten Afrikas. Wird sich der westliche Zuschauer bei solchen Filmen bewußt, "anderen geht es also noch schlechter als mir" - ja, denn auch Westeuropäern geht es nicht nur wahnsinnig gut - so wird dieses Gefühl in Filmen mit Alltagsschilderungen von Behinderten oder von Gefangenen im Gefängnis noch gesteigert, besonders wenn die Inhaftierten selbst filmen. - Auch das Künstlerhaus zeigte erst im Oktober die Ausstellung Frauenkunst unter Strafe, wo Insassinnen zu Künstlern wurden. Ob das Endprodukt allerdings immer Kunst ist, bleibt die große Frage ...

INFLATIONÄRES ETHNOTHEMA

Fast hat man schon ein schlechtes Gewissen, wenn man nie gestohlen und gemordet hat, weiß, gesund, menschenfreundlich und gut ausgebildet ist, aber dennoch nicht weiter kommt auf dieser Welt. Und man denkt sich sogar: "die" wissen wenigstens, "warum" sie nicht weiter kommen. Das Selbstmitleid kennt hier also keine Grenzen.

Nichtsdestotrotz: vom Schicksal dieser Anderen zu erfahren, weitet den Horizont und stärkt das prinzipielle Gefühl von Solidarität. Selbst wenn jene Menschen, die sich Filme und Kunst von und über Ausgegrenzte oder Unterdrückte ansehen, ohnehin immer schon deren Freunde waren. - Man kann daher nur hoffen, dass der Ausländerhasser ein opportunistischer Wendehals sein möge, der sich durch diese "Mode" an inflationären Integrationsfilmen umstimmen läßt.

ETHNO: IM POESIE-MANTEL ZUR KUNST

Dem New-Crowned-Hope-Festival scheint im Zugang zu diesem Thema nun aber etwas gelungen zu sein, was sich auch formal sehr stark nach "Kunst" anhört, was sich wiederum auf den Inhalt auszuwirken scheint. Das war das Resultat, nachdem sich sieben Filmemacher aus Asien, Arabien, Afrika und Lateinamerika von Mozarts Themen "Zauber und Verwandlung", "Vergebung und Versöhnung" sowie "Achtung vor den Toten" inspirieren lassen mußten. Oftmals lösten sie das, indem sie aus ihrer eigen traditionellen Ausdrucksform schöpften - wie etwa Garin Nugroho in Opera Jawa (der Film, der Peter Sellars am meisten berührt, da er mit traditionellem, indonesischem Marionettentheater arbeitet) -, oder durch magische Bildsprache oder rhythmische Erzählweise. Und besonders motivierend wirkt sich das auf märchen- und mythenhafte Motive aus, indem etwa wie in Dry Season ein junger Mann dem Kriegsmörder seines Vaters verzeihen soll - ein Steckenpferd Mozarts, wo der böse Machthaber oft ganz plötzlich und ohne konkreten Grund verzeiht.

Diese sieben Filme wurden jedenfalls so schön, dass sie international eingeschlagen sind und bereis drei Preise gewonnen haben: Half Moon des international gefeierten, kurdisch-iranischen Regisseurs, Bahman Ghobadi, gewann die Goldene Muschel San Sebastian. Paraguayan Hammock, mit dem Thema des ewigen Wartens, der jungen Paz Encina gewann in Cannes. Und Dry Season von Mahamat-Saleh Haroun holte sich den Spezialpreis Jury Filmfestspiele Venedig.

ETHNO-VIELFALTS-MITEINANDER IN KÜNSTLERHAUS, FILMMUSEUM, ARCHITEKTUR UND ESSEN

Dazu schwingt in gleichem gesellschaftspolitischen Atem das Rahmenprogramm im Filmmuseum, Notre musique, mit vierzig internationalen Spiel- und Dokumentarfilmen der letzten sechs Jahre: sie alle tragen das Potential der "Veränderung".

In der New Crowned-Hope-Kunstschiene Green Flame im Künstlerhaus und im Kunsthaus project space lädt die äthiopische Kuratorin Meskerem Assegued Künstler aus aller Welt zur unvorhersehbaren Begegnung ein: Es muß nur jeder, so wie auch jeder Besucher, die Schuhe ausziehen. (Auch Mozartjahr-Intendant Peter Marboe, der bei der Programmpräsentation neben der Kulturanthropologin saß, was als Vorstellung doch recht erheiternd war.)

Das Architektur-Programm hat unter dem Motto "Willkommen Flüchtlinge" zwei paradiesische Flüchtlingsheime an Projekten entworfen. Und das Künstlerhaus ist Festivalzentrum, mit vielen Spezialveranstaltungen: wie einer Konzertreihe mit AsylwerberInnen in Wien. Schließlich lernt man noch in einer Essensschule, dass auch die Vielfalt von Tomaten in einer Region am gesündesten ist - und zwar für Natur und Mensch -, genauso wie die Vielfalt von Kultur und Völkern.

FESTIVAL: New Crowned Hope 14.11.-13.12.06, www.newcrownedhope.org * Künstlerischer Leiter: Peter Sellars
- FILMPREMIEREN täglich von 17.11.-22.11., ab 20h * Ort: Gartenbaukino (Wiederholung, 27.-30.11. im Filmmuseum)
- AUSSTELLUNG: Green Flame * Kuratorin: Meskerem Assegued * Ort: Kunsthaus project space + Künstlerhaus Wien * Zeit: 17.11.-13.12 * Eintritt frei

FILM: Notre Musique * Eine Filmgeschichte der Gegenwart * Ort: Filmmuseum * Zeit: 1.-30.11.06;
genaues Progamm und
Daten über www.filmmuseum.at

Wednesday, October 18, 2006

DIE ÜBERMALUNG - DIE KUNST DES KOMMUNIKATIONSZEITALTERS




2 Bilder oben: Ähnlichkeiten: Asger Jorns Grand baiser du cardinal d´Amerique, 1962 (dt: Großer Kuß des Kardinals von Amerika), Sammlung Pierre Alechinsky, Bougival (© Donation Jorn, Silkeborg/VBK, Wien 2006) und Arnulf Rainers Plakat für seine Ausstellung im Festspielhaus Bregenz, 18. Mai – 25. Juni 1989, Enzyklopädie und Revolution,(© MAK/Georg Mayer)
Rundes Bild: Jorns Übermalung kann auch zum unheimlichen Tier werden, wie in Poussin, 1962 (dt: Küken), Sammlung Pierre Alechinsky, Bougival, (© Donation Jorn, Silkeborg/VBK)
2 Bilder unten: Der Tod als Thema, unterschiedlich gelöst: Rainers totenmasken, Plakatentwurf, (MAK-Sammlung, © MAK/Georg Mayer) und Jorns abstraktes Wiedersehen am Todesufer, 1958, Kunsthalle in Emden/ Stiftung Henri und Eske Nannen und Schenkung Otto van de Loo ( © Donation Jorn, Silkeborg/VBK, Wien 2006)


VIEL GEMEINSAM UND DOCH GANZ VERSCHIEDEN: ARNULF RAINER IM WIENER MAK / ASGER JORN IN DER BAWAG FOUNDATION, WIEN

Warum der im MAK mit seinen Plakatentwürfen ausgestellte Arnulf Rainer (geb. 1929 in Baden/Wien) ein so bedeutender Künstler ist: Auf der ganzen Welt, in jeder Kunst- und Ausdruckssparte, findet sich seine Herangehensweise, Kunst (Vergangenes) zu "übermalen", wieder. Denn immer und überall gilt es, an der Geschichte anzuknüpfen, sie neu zu interpretieren, um die Kontinuität des Weltlaufs ohne Lücken weiter zu treiben (selbst wenn die "Anfänge der Welt" letztendlich lediglich Wissenschafter mit selektivem Blick niederschrieben und niederschreiben, indem sie nach "Sammler"-Regel an früheren Behauptungen anknüpfen).

Scheinbar widersprüchlich war Rainer ab 1953 der Erste, der es öffentlich wagte, historisch Zelebriertes durch "Übermalung" zu "zerstören". Durch die Auslöschung bzw. Kommentierung der Kunst wurde er allerdings zum (oben beschriebenen) Wissenschafter, vielleicht auch zu einem "Journalisten", der, wenn ihn etwas interessiert, mit größter Einfühlsamkeit und treffendsten Worten denkt und be-"schreibt", und wenn es ihn langweilt oder ärgert, den PR-Text übernimmt oder etwas (bewußt) Oberflächliches dahinschludert. Selbstverständlich ist bei Rainer meist erstere Interessenslage gegeben, da er sich seine Themen (in der Regel) aussuchen kann. - Insgesamt ist Rainers Konzept der Übermalung aber zweifellos ein Synonym für "die" Kunst des kommunikativen Zeitalters.

KOMMUNIKATOREN ATTACKIEREN UND BESTIMMEN

Heute sind es daher die "Sprachbegabten", die die Kunstentwicklung bestimmen, die aber gleichzeitig den Medienbetrieb, den sie im Grunde mit dem Kunstbetrieb gleichsetzen, verurteilen (manchmal auch zu unrecht, da schlicht voreingenommen). So wie auch der am 3. März 1914 in Jütland/Dänemark geborene (gest. 1972) und derzeit in der Bawag-Foundation ausgestellte Asger Jorn. Der Künstler mit nahezu dichterischen Fähigkeiten und in Netzwerke eingebunden, indem er sie als Gruppenorganisator (COBRA), Zeitschriftengründer, Propagandist und Theoretiker gründete, konnte es sich 1964 - eben wegen dieser Kommunikations-Netzwerke - leisten, den hoch dotierten Guggenheim-Preis zu verweigern. Jorn: "Geh zum Teufel mit deinem Geld, du Scheißkerl. ...wider jeden Anstand einen Künstler gegen seinen Willen in deine Werbung verwickeln..." Rainer dagegen, ist weniger Geldverweigerer, als viel mehr Politankläger, indem er sich etwa bei Bürgermeister Häupl "bedankt", dass er das Essl-Museum im Wiener Museumsquartier verhindert hat.

Nichtdestotrotz sind diese beiden Künstler - trotz mancher Parallelen - eigenständig. Schon da Rainer bis heute übermalt, Jorn dies nur zwischen 1957-62 aus situationsbedingtem Anlaß mit den Défigurations getan hat. Einerseits, um Kitsch zu zerstören und alte Gemälde - die Jorn auf Flohmärkten gekauft hatte - zu verbessern, viel mehr aber noch, um sich selbst zu zerstören und sich wieder und wieder zu verändern - für ihn die Grundlage von Kunst, wonach er auch lebte: seine Werke strotzen vor Vielfalt und erhalten beinahe zur Gänze, erst beim zweiten Blick und mit Verbindung zum Titel, ihren subtil-expressiven Reiz. (e.o.)
mehr zu Arnulf Rainer: über www.intimacy-art.com / artists / talks / life
bzw. www.intimacy-art.com / aKtuell / metanews / gossip


AUSSTELLUNG: Rainer, sonst keiner! Überschriftungen - Künstler im Fokus //1 Arnulf Rainer, neue Künstler-Ausstellungsserie der MAK-Sammlung für Gegenwartskunst * Originalentwürfe von Arnulf Rainers Plakaten in noch nie gezeigtem Umfang * Konzept: Peter Noever * Kurator: Rüdiger Andorfer * Ort: MAK-Schausammlung Gegenwartskunst * Zeit: bis 4.3.2007

AUSSTELLUNG: Asger Jorn: Central Figure, Ausgewählte Arbeiten 1939-1972 * Kurator: Erik Steffensen * Ort: Bawag Foundation, Wien * Zeit: bis 3.12.2006

Friday, October 13, 2006

WIEN BEKOMMT VON SCHNITZLER NICHT GENUG



Photos:
Männer
sind disziplinierte Soldaten mit wenig Gefühl, aber viel "Ehre". Stramm mußten sie sitzen wie hier in Hirtenberg, Niederösterreich, die Zöglinge des k.u.k. Offiziers-Waisen-Instituts (© Heeresgeschichtliches Museum, Wien) - Schnitzlers Leutnant Gustl hat diese Menatalität und deshalb mit sich zu kämpfen.
Frauen als gesellschaftlich genötigte Prostituierte: Anita Berber spielte Fräulein Else, die sich unschuldig durch Rollen denkt und im Grandhotel bei ihrer Tante an der Doppelmoral zerbricht: Ein alter, reicher Mann will ihr für ihren Vater nur Geld geben, wenn er sie nackt sehen darf. Sie geht unter ihrem Pelzmantel nackt zu ihm, zeigt sich und vergiftet sich - aus verletzter Scham. (Anita Berber, Atelier D’Ora 1921, © Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek)


LESUNGEN UND PLAUDERKAFFEE IM THEATERMUSEUM UND IM WIENER RATHAUS / REIGEN IM BURGTHEATER UND IN DER HAUPTBÜCHEREI WIEN / SCHNITZLER-FILMRETROSPEKTIVE IM METROKINO

Arthur Schnitzler ist wie Sigmund Freud "Wien", sagt man. Deshalb ist er auch immer in. Und außerdem wäre Freud heuer 150 geworden, und Schnitzler feiert den 75 Todestag. (Es braucht heute nun mal alles seinen Aufhänger!) Mit der Ausstellung Affairen und Affekte im Theatermuseum, mit Konzentration auf die Stücke Reigen, Lieutnant Gustl und Fräulein Else (s.a. www.intimacy-art.com/ aKtuell/ REALNEWS/ CRITIC) sollte man sich zumindest ein paar Sachen des Rahmenprogramms gönnen. Denn in den Abgründen sind sich alle Menschen zu allen Zeiten immer gleich, egal ob sie nun um 1900 lebten oder heute. Nur die Außenwelt ändert sich, und möglicherweise, wie wir darauf reagieren.

ZUR SCHNITZLER-AUSSTELLUNG IM ÖSTERREICHISCHEN THEATERMUSEUM

LESUNG: Fräulein Else oder Was will die junge Frau? * Mit: Andrea Eckert * Texte: Arthur Schnitzler, Rosa Mayreder, Sigmund Freud u.a.* Klavier: Agnes Wolf * Ort: Österreichisches Theatermuseum * Zeit: 9.11., 19h

LESUNG: Lieutenant Gustl * Mit: Gert Jonke * Posaune: Bertl Mütter * Ort: Österreichisches Theatermuseum * Zeit: 29.11., 19h

LESUNG: Korrespondenz in Sachen Liebe * Mit Cornelius Obonya * Liebesbriefe von Arthur Schnitzler * Ort: Österreichisches Theatermuseum * Zeit: 17.11, 19h

FÜHRUNG, PLAUDERN UND FILM: Enthüllungen - Das Lebensgefühl im fin de siècle, Kulturkaffee zu Arthur Schnitzler * Mit: Elisabeth Bergner * letzter Stummfilm von "Fräulein Else" (1929) * Ort: Österreichisches Theatermuseum * Zeit: 19.10., 16.11., 23.11., 30.11., 7.12., 11.1., 18.1., Donnerstag, jeweils 14h30


VORLESUNGEN: LIEBESSPRACHEN, SCHAM UND EHRE

VORLESUNG: Schnitzlers Sprachen der Liebe * Mit: Konstanze Fliedl * Replik: Ernst Hanisch : Die Männlichkeit des Menschen – Schnitzlers Minister Flint * Ort: Wiener Rathaus, Wappensaal * Zeit: 17.10., 19h * Eintritt frei

VORLESUNG: Entblößungen - Verletzungen. Gedanken zu Scham und Ehre bei Arthur Schnitzler * Mit: Reinhard Urbach * Replik: Birgit Bolognese-Leuchtenmüller: Scham und Ehre im Bürgertum des 19. Jahrhunderts – und heute? * Ort: Österreichisches Theatermuseum * Zeit: 22.11, 19h * Eintritt frei

THEATER: REIGEN UND FRÄULEIN ELSE

* THEATER Reigen * Von: Arthur Schnitzler * Regie: Stephanie Mohr * Mit: Sandra Cervik, Herbert Föttinger * Ort: Theater in der Josefstad Wien * Zeit: 23.3.+22.4.2008: 19h30 + 12.4.2008: 14h30
* THEATER Der Reigen * Zehn Dialoge von Arthur Schnitzler * Regie: Sven-Eric Bechtolf * Mit: Birgit Minichmayr, Cornelius Obonya, Dietmar König, Robert Meyer, Sabine Haupt, Sven-Eric Bechtolf * Ort: Burgtheater * Zeit: 16.4.2008: 20h
THEATER Fräulein Else * Ort: Akademietheater * 17.4.2008: 20h
* THEATER Der Ruf des Lebens * Von: Arthur Schnitzler * Regie: Franz Xaver Kroetz * Mit: Gerti Drassl, Joachim Bißmeier, Alexander Pschill, u.a. * Ort: Theater in der Josefstadt * Zeit: 11.11.+23.12.2007: 15h; 12., 13., 24.11.+1., 4., 5., 22.12.2007: 19h30 + 9., 16.12.2007: 20h
* THEATER Gehasste Geliebte * Briefwechsel: Arthur Schnitzler/Adele Sandrock * Zusammenstellung und Leitung: Wolfgang Wiens * Mit: Elisabeth Orth, Peter Simonischek * Klavier: Anton Gisler * Ort: Burgtheater * Zeit: 2.10.2008: 20h

FILM: SCHNITZLER IN KINO UND FERNSEHEN

Von Schnitzlers Schriftsteller-Kreis-Zugehörigkeit im "Jung-Wien", über den Einfluß von Sigmund Freud und den Einfluß seiner Ausbildung als Mediziner. Schnitzler war als Kinofreund auch Autor und Mitgestalter seiner Werke. Eine Retrospektive mit aktuellen Publikationen über die aktuellen Forschungsansätze zu Schnitzler-Verfilmungen aus der gesamten Filmgeschichte.

FILM: Arthur Schnitzler Film-Retrospektive * Von: Film Archiv Austria * Ort: Metro Kino * Zeit: 6.12.06-10.1.07

AUSSTELLUNG: REIGEN AUS HEUTIGER SICHT

AUSSTELLUNG: Arthur Schnitzlers Reigen – revisited Zwei künstlerische Kommentare * Von: Julius Deutschbauer / Gerhard Spring und Michaela Spiegel * Ort: Hauptbücherei Wien, 1070 Wien * Zeit: 12.10.-2.12.2006

Tuesday, September 19, 2006

MOZART WAR IN WAHRHEIT TÜRKE, JAZZER UND ZWÖLFTONTECHNIKER




Photo: Ensemble in Saray // Mozart alla turca, der türkischen Version von Mozarts Entführung aus dem Serail im Schauspielhaus (© N. Mangafas)


DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL LÄUFT IM SCHAUSPIELHAUS WIEN NICHT "AUF" SONDERN "ALS" TÜRKISCH /

Es ist schon erstaunlich, für wen der gute alte Mozart dieser Tage alles herhalten muß.


Im Wiener Schauspielhaus etwa, sagt uns Regisseur Ibrahim Quraishi in Saray // Mozart alla turca, dass man die Figuren aus Mozarts Die Entführung aus dem Serail - wo normalerweise westliche Frauen von einem orientalischen Pascha geraubt wurden - verkehren kann, sodass jene Frauen zu Türkinnen werden und der Machthaber zum Alt-Westeuropäer. Und die Frauen werden dann nicht von einem Westmann, sondern einem Türken befreit. Wiener-Mozartjahr-Intendant Peter Marboe meint dazu: "Das Stück war schon zu Mozarts Zeiten ein Statement", was auch noch ein echtes Mozart-Wort aus dem Jahr 1785 zu unterstreichen scheint: "... das wäre Ja ein Ewiger Schandfleck für teutschland, wenn wir teutsche einmal mit Ernst anfiengen teutsch zu denken - teutsch zu handeln - teutsch zu reden, und gar teutsch - zu Singen!!!" Was will uns das sagen? Dass wir in Wahrheit alle gleich sind? Nein. Dass sich die westliche Diskussion um kulturelle Unterschiede zu sehr aus Ängsten speist, die wiederum auf Klischees, Vorurteilen und Fehlinterpretationen beruhen. Im Ensemble selbst, in dem Komponist Serdar Yalcin auch noch Mozarts Noten und Instrumentation "vertürkischt" hat, konnte man sich übrigens während der türkisch-österreichisch-deutsch-sprachigen Proben gut verständigen. - Na, wenn man wirklich will, dann klappts ja!
(click auch Schauspielhausdirektor AIRAN BERG im --> INTERVIEW)


DEPART
VERJAZZT MOZART IN DER WIENER SARGFABRIK / DAS ARNOLD SCHÖNBERG CENTER FINDET MOZART "IN" SCHÖNBERG


Da Mozart nun auch "ein großer Improvisator" gewesen sei, fährt die Wiener Sargfabrik mit einer Jazz-Reihe auf, die Mozart zum Basisthema hat. Den Auftakt macht Saxofonist Harry Sokal mit seinem österreich-schweizer Trio Depart. Groovig vital sollen die Interpretationen und Arrangements selbst in die Beine fahren!

"Wenn man sich ansieht, wie z.B. meine Streichquartette gebaut sind, dann kann man nicht leugnen, dass ich das direkt von Mozart gelernt habe!", sagte Arnold Schönberg 1949. Tradition und Neuheit - Wiener Klassik und Wiener Schule - Mozart und Schönberg sind daher nicht nur Kontraste, sondern Gegensätze, wo die Tradition die Neuheit bedingt. Und Mozart wird durch Schönberg zum Lehrer zukünftiger Generationen ... Wie Arnold Schönberg über die Wiener Klassik also zu dem wurde, was er heute ist - das ist Thema der Ausstellung im Arnold Schönberg Center.

MUSIKTHEATER Saray // Mozart alla turca * Regie: Ibrahim Quraishi * Musik: Serdar Yalcin * Mit: Serap Gögus (Constanze), Ali Murat Erengül (Belmonte), Martin Niedermair (Selim Bassa) * Ort: Schauspielhaus Wien * Zeit: bis 1.11.2006, 20h
JAZZ-ABEND Klangaspekt: ... inspired by W. Amadé * Mit: Depart (Harry-Sokal-Trio) * Ort: Sargfabrik * Zeit: 28.9.´06, 20h
AUSSTELLUNG Mozart und Schönberg / Wiener Klassik und Wiener Schule * Ort: Arnold Schönberg Center, Schwarzenbergplatz 6 * Zeit: bis 27.1.´07, Mo-Fr, 10-17h

Friday, September 08, 2006

VON GESCHICHTS-REFLEXION ZU NACHBAR-INTEGRATION


Photo: Erich Lessing (seine Reportagefotografien sind im Leopold Museum ausgestellt) knipste eine Fahne, aus der ungarische Revolutionäre das Stalin-Wappen ausgeschnitten hatten. - Die Geschichts-Ausstellung im Wien Museum Karlsplatz zeigt die menschlichen Hoch- und Abgründe des Flüchtlingsphänomens.


NAZIZEIT IM VOLKSTHEATER, UNGARISCHES REVOLUTIONSJAHR ´56 IM LEOPOLD- UND WIEN-MUSEUM, "SLOWENIEN" IM VOLKS- THEATER SOWIE IM KUNSTHISTORISCHEN MUSEUM


Wenn stadt-staatlich subventionierte Häuser Themen wie Geschichtsaufarbeitung und Ost-Integration - geradezu inflationär - behandeln, mag sich der Betrachter fragen, ob die eigentliche Initiative dafür wohl vom Geldgeber oder tatsächlich von unabhängigen Kulturmachern kommt. - Wie auch immer: das Kulturgut ist da, und manchmal ist es auch sehr interessant, sich darauf einzulassen, selbst wenn es politisch richtungsweisend und tendenziös anmutet.

NAZIZEIT IM VOLKSTHEATER


Einen kongenialen Einfall hatte Direktor Michael Schottenberg bezüglich des letzte Saison in die Schlagzeilen geratenen "Führerzimmers" in seinem Volkstheater. Er hatte es ja damals umbauen lassen, worauf ihn der staatliche Denkmalschutz aufforderte, es wieder herstellen zu lassen. Nun beauftragte er Architekturtheoretiker Jan Tabor dazu - der danach brüsk lamentierte, während er über die tatsächliche Schwierigkeit der Definition von Nazibauwerken philosophierte: "Ich bedaure sehr, dass diese Architektur nun weg ist. Ich fand sie als Bühnenbild genial." Das zum Ausstellungsraum umfunktionierte Original-Führerzimmer heißt jetzt "Empfangsraum", wo künftig bei nur 25 Zuschauerplätzen Autorenlesungen, kleine Stücke, szenische Lesungen, Installationen, Diskussionsreihen, Vorträge und Ausstellungen stattfinden werden. Den Auftakt macht am 5.10., nach der Vernissage, die schwarze Farce unter der Regie von Katrin Hiller: Fräulein Braun von Ulrich Hub. Des Führers Geliebte plaudert darin aus dem intimsten Nähkästchen. Zu ihr gesellt sich ein deutscher Schäferhund...

VERNISSAGE Das Führerzimmer. Ein Wiener Denkmal. Eine kleine Erinnerungsschau. * Konzept: Jan Tabor. * Ort: Volkstheater/Empfangsraum * Zeit: 5.10., 17h30 - Eintritt frei, Zählkarten an der Abendkassa * danach laufende Ausstellung vor Vorstellungsbeginn
PREMIERE
Fräulein Braun * Regie: Katrin Hiller * Mit: Ivanka Brekalo, Raphael van Bargen * Ort: Volkstheater/ Empfangsraum * Zeit: 5.10., 19h30 * weitere Vorstellungen: 7., 8., 19., 28.10.´06


NACHBARSCHAFTPFLEGE I: UNGARN
REVOLUTIONSJAHR ´56 IM LEOPOLD- UND WIEN-MUSEUM

Ergreifende Elemente enthält die aufschlußreiche Ausstellung im Wien Museum Flucht nach Wien, Ungarn 1956. Während Österreich gerade mit dem Staatsvertrag seine Unabhängigkeit feierte, kämpften ungarische Revolutionäre unter dem stalinistischen Regime unerschütterlich um Freiheit und Demokratie. Mehr als 180.000 Menschen flohen in den Monaten, bevor Ungarn endgültig und umso abgeschirmter kommunistisch wurde, über die burgenländische Grenze, wovon letztendlich 18.000 in Wien blieben. Ausschlaggebend ist nun das emotionale Gefühl und Verhalten der Österreicher hinsichtlich der "Flüchtlinge": Kaufte sich ein Ungar über seinen Stand als Flüchtling hinaus eine Lederjacke am Graben, wurde aus Mitleid "Neid".Wollte er in Österreich denselben "höheren" Beruf ausüben, den er in Ungarn gelernt hatte, erwuchs aus der Hilfsbereitschaft "Arbeitsplatzrivalität"... (persönliche Anmerkung: Eine Parallele läßt sich jetzt sehr gut zu den Schwarzen in Wien ziehen - sie sind meist sehr geschmackvoll gekleidet und fahren hier Taxi, anstatt Arzt, Chemiker oder Betriebswirt zu sein.) Fotos aus dem Budapest-Revolutionsjahr 1956 kann man sich vollständigkeitshalber auch noch im Leopold Museum ansehen. Reportagefotograf Erich Lessing ist dort ausgestellt.

AUSSTELLUNG Flucht nach Wien, Ungarn 1956 * Kuratoren: Peter Eppel, Béla Rásky, Werner Michael Schwarz * Ort: Wien Museum Karlsplatz * Zeit: bis 26.11.´06
VERNISSAGE
Erich Lessing: Budapest 1956, Die ungarische Revolution * Kuratoren: Rudolf Leopold, Robert Holzbauer * Ort: Leopold Museum Wien * Zeit: 12.10., 19h, Ausstellung bis 13.01.´07


NACHBARSCHAFTSPFLEGE II: SLOWENIEN
SLOWENISCHE KULTUR FÜR ÖSTERREICH IM VOLKSTHEATER UND IM KHM


Während in Kärnten nach wie vor über die Beschriftung der Ortstafeln "gewitzelt" wird, bringt man den Wienern die slowenische Kultur näher: Im Weißen Salon/Volkstheater wird "Prosa-Literatur des slowenischen Nachbars" gelesen, im Kunsthistorischen Museum stellt Branko Suhy unter Initiative des Außenministeriums der Republik Slowenien und der slowenischen Botschaft in Wien seine Bilder zwischen "Manhatten und Srebrnica" aus.

LESUNG Schreiben am Tolmun * Es lesen: Petra Torky, Erwin Ebenbauer, Paul Matic * Ort: Weißer Salon /Volkstheater * Zeit: 28.9.´06, 19h45
AUSSTELLUNG
Branko Suhy / Manhattan in Srebrenica - Srebrenica in Manhattan * In Honor of the City of New York * Ort: Kunsthistorisches Museum * Zeit: bis 22.10.´06