Sunday, April 26, 2009

ÖSTERREICHS FILMER UND MUSIKER IM ORF - ILLUSION ODER ZUKUNFT?

Adgar, am 5.3.2009: Die Original-Falco-Band spielt im Wiener Konzerthaus für die Werber der Printszene - die natürlich auch die Werber des ORF sind - ob wohl österreichische Kunst (Musik) künftig im ORF Platz findet? (Fotos © Elfi Oberhuber)



















Begeistert war das anwesende Medien-Publikum vor allem über die bravouröse Nachtflug-Falco-Interpretation des Sprech-Sängers Wolfgang Pampl ...





















... sowie über die Ja
zz-Version der Band von Hoch wie nie mit Vera Böhnisch.


NACH EINER PARLAMENTARISCHEN ENQUETE ZUM TRAURIGEN STAND DER MUSIKSZENE IM LAND DER MUSIK ÖSTERREICH IM JUNI 2008, WÄRE EINE BERÜCKSICHTIGUNG INNERHALB DER NEUEN RUNDFUNKGESETZ-DEBATTE WÜNSCHENSWERT
- STATTDESSEN WIRD NUR ÜBER PROPORZ UND GELD GEREDET. DABEI KÖNNTEN AUSGERECHNET HEIMISCHE KREATIVE FÜR GELD SORGEN - UND ZWAR VIA QUOTENSTEIGERUNG. WAS DER ORF BISHER ABER KAUM GLAUBEN WILL, OBWOHL ES DIE IN KRISENZEITEN ERFOLGREICHE WERBESZENE TUT, WIE EINE intimacy-art-EXKLUSIV-UMFRAGE BEWEIST.
VERGLEICHE MIT DEM AUSLAND UND ZUKUNFT
SSZENARIEN BEZÜGLICH DER MEDIALEN LANDSCHAFT GARANTIEREN ZUDEM, DASS DER LOKALE QUALITÄTSBEZUG IM GLOBALEN ZEITALTER IMMER WICHTIGER UND LUKRATIVER WIRD.
- EINE RUND-UM-BETRACHTUNG VON A
(der politschen Debatte) BIS Z (der Chance auf Verdienst im Internet)!


PRINTSZENE SCHMÜCKT SICH MIT ÖSTERREICHISCHER FALCO-BAND - DER ORF NICHT

Wie paradox: da kämpft die heimische Musikwirtschaft auf Biegen und Brechen mit den elektronischen Medien, insbesondere dem ORF, darum, gespielt zu werden, doch letztenendes sind es die Print-Medien, die die Österreicher spielen. - Am 5. März 2009 konnte das Who is Who der Werbebranche beim in acht Kategorien vom VÖZ (Verband Österreichischer Zeitungen) vergebenen Print-Oscar Adgar im Wiener Konzerthaus erleben, wie toll eine exklusive Original-Falco-Band (Thomas und Bernhard Rabitsch, Peter Paul Skrepek, Bertl Pistracher und Curt Cress) sein kann, wenn sie etwa mit einem genial-theatral interpretierenden Sprechgesänger wie Wolfgang Pampl in Nachtflug oder einer Jazz-artigen Version von Hoch wie nie mit Vera Böhnisch aufwartet. Das war ein ehrwürdiger Rahmen, wo der Werbepreis für die besten Anzeigen des Jahres umso besser zur Geltung kam, und inspirierender Anlaß die heimische Werbeszene nach ihrer Meinung von der "Verkäuflichkeit von heimischer Musik im Radio und Fernsehen" zu fragen. - Darüber, so wie über diese Musikdarbietung, staunte der anwesende Generalintendant des ORF, Alexander Wrabetz, wohl nicht schlecht, nachdem seine entsandten Verhandlungsmannen mit den heimischen Musikvertretern auf keinen grünen Nenner kommen, und der Stand von Österreichs Künstlern im ORF alles andere als rosig ist:

Nur 2,2 Prozent des fiktionalen Fernsehprogramms sind heimische Produktionen, nur 15,2 Prozent österreichische Komponisten spielt insgesamt der ORF, der öffentlich-rechtliche Rundfunk Österreichs, der eigentlich einen gesetzlichen Kulturauftrag hätte. - Diese bescheidenen Werte bezüglich kreativer Wertschöpfung im eigenen Land, die Österreich als Schlußlicht im Europadurchschnitt auszeichnen, verwundern Fachleute. Denn sie machen weder kulturpolitisch, noch marktwirtschaftlich, noch nach Erfahrung einer bevorzugten Konsumentenakzeptanz Sinn. Schließlich gilt in der Kommunikationswissenschaft das Prinzip "lokale Nähe" als oberste Instanz der Zuschauer-Aufmerksamkeit und von medialer Themenauswahl. Erst danach kommen etwa "Prominenz", "politischer Konflikt" und "Aktualität". Dass der ORF dennoch, nach wie vor, - wenn auch in den letzten Jahren abfallend - Marktführer in der österreichischen TV- und Radio-Landschaft ist, mag an der Publikumstreue gegenüber dem Sender als Langzeitmonopolist bis 2001 liegen, nicht an seinem Inhalt, der sich in den letzten Jahren immer mehr an jenem privat-kommerzieller Konkurrenz orientiert, um jene quasi mit "ihren" Mitteln zu schlagen ...

Böhnisch und die anderen SängerInnen interessierten natürlich auch den ORF - allerdings nur als Seitenblicke-Event ...

... schon weil eines der Falco-Band-Mitglieder, Gitarrist Peter Paul Skrepek, als Musikgewerkschafter und Chef der größten Musikvereinigung Österreichs, Musikergilde, schon seit geraumer Zeit mit den ORF-Mannen um vermehrtes Vorkommen von Österreichs Musikern im ORF verhandelt.

Der ORF-Generalintendant Alexander Wrabetz scheint jedenfalls neben Omnimedia-Mediaplaner Paul Schauer über die heimischen Top-Musiker sehr angetan. - Vielleicht hat ihm Paul Schauer aber auch nur erklärt, wie gut sich jene in niveauvoll präsentiertem Journalismus-Rahmen im ORF verkaufen ließen! Weil dann auch die danach und davor platzierte österreichische Werbung effizienter wirken würde.


KAUM BEWUSSTSEIN FÜR HEIMISCHES KREATIVDILEMMA IN ORF-GESETZ-DISKUSSIONEN

Der ORF und die führende Politik scheinen das Faktum der "lokalen Qualität" im Konzept für ein neues Rundfunkgesetz kaum zu berücksichtigen, was auch direkte Verhandlungen mit der Musikwirtschaft zeigen: Darin will der ORF freiwillig, je nach Sender, nur zwischen 0,75 bis 2 Musiknummern mehr an "Österreich-Kreationen" pro Tag spielen. Der ORF denkt im Gegenteil an die Ausgliederung (Auflösung) des Radio-Symphonieorchesters (RSO), sowie an die Aufkündigung des Fernseh- und Filmabkommens. Und in der am 31. März 2009 stattgefundenen parlamentarischen Nationalratsdebatte zum Thema "ORF-Zukunft" streiften nur drei Redner den Punkt heimischer Wertschöpfung: Johannes Hahn, ÖVP, meinte: "Gebühren und Personen sollten nicht vor den Strategien und der Debatte mit der Kreativwirtschaft diskutiert werden". - Was tatsächlich aber geschieht. - Silvia Fuhrmann, ÖVP, reklamierte: "Der ORF kauft US-Serien auf der Jagd nach der werberelevanten Zielgruppe - der Jugend - ein, die schon längst auf andere Plattformen ausgewichen ist. Österreichische Kultur und Innovationen sollen Inhalt für den Programmauftrag zu Information, Kultur und Unterhaltung sein. Weder österreichische Filme, noch österreichische Musik werden im ORF (wenn überhaupt) - zu einer angemessen Zeit - gespielt." Und Dr. Peter Fichtenbauer, FPÖ, schloß seine Rede mit: "Ich plädiere für die Nichtabschaffung des RSO!".
Der ORF will indessen in seinem neuen Fernseh-Konzept bei "billigerer Produktion", - wie bisher, aber verstärkt - ORF 1 "klar, jung, urban, männlich, international" positionieren, und ORF 2 "österreichisch und älter". Diese Nicht-Änderung ruft wiederum entrüstete unabhängige Zeitungen und Proponenten über ein spektakuläres Manifest aufs Parkett: "Wir fordern, dass der öffentlich-rechtliche Auftrag zwingend und im Detail festzulegen ist."




















Verstecken müßte der ORF Interpreten wie Andi Gabauer (am Bildschirm) jedenfalls nicht, der Falcos Egoist zum Besten gab - angeblich die "Hymne der Kreativbranche" ...















... oder Roman Gregory, der Helden von Heute sang. Die Mediaplaner beurteilen das Konzert als musikalisch Ö3- bis MTV-tauglich, nicht aber die Performance der Show ...




















... die für MTV, sprich internationale Sender, einen entsprechenden Stil haben sollte. - So nett Damen wie Valerie in Brillantine Brutal aussehen mögen. Für Österreich (den ORF) passe es aber allemal.




PARLAMEN
TARISCHE MUSIK-ENQUETE IM SOMMER 2008 & VERHANDLUNGEN MIT DEM ORF BIS MÄRZ 2009

Es sieht so aus, als würden die von allen Parteien befürworteten Beschlüsse vom 3. Juni 2008 bei der parlamentarische Enquete zum Thema "Zukunftsmusik" - wo neben der traurigen Ausbildungssituation der Musik in Österreich, deren derzeitige und Zukunftsentwicklung, sowie die Rolle des ORF dabei, diskutiert wurden - erneut unterlaufen. Versprochen wurde, dass sich der ORF mit den Vertretern der Musikindustrie auf eine freiwillige Selbstverpflichtung einigen, statt - wie in anderen Ländern Europas üblich - einer vorgeschriebenen Quote gehorchen wolle. Doch nun, in der aktuellen ORF-Rundfunkgesetz-Reformdebatte, ist nur Kosteneffizienz das Thema, egal, ob in personalwirtschaftlicher oder inhaltlicher Hinsicht. Dabei scheinen sich "Innovationen (von österreichischen Kreativen) des Programms" als "Kürzungen des bestehenden Programms" zu entpuppen. Wo also der europäische Durchschnitt der gespielten lokalen Musik (ansteigend!) bei 40 Prozent liegt (BBC und Finnland spielen gar 50%, Kroatien 56%), ringt sich der ORF über die verhandelnden Personen, Hörfunkdirektor Dr. Willy Mitsche und ORF-Pressesprecher Pius Strobl, gerade einmal ein Zugeständnis von 5% des bestehenden Anteils ab. Das wären je nach Sender, 0,75-2 Nummern von österreichischen Komponisten mehr pro Tag, oder in "echten" Prozentpunkten auf Ö3 statt wie bisher 5,49 ein Steigerung auf 5,76.
Dabei ermittelt die Europäische Kommission, die ihre Mitgliedstaaten per Unesco-Konvention verpflichtet, für kulturelle Vielfalt (= länderspezifische Eigenheit) zu sorgen, seit letztem Jahr gegen Österreich - Österreich hat diese Konvention im Beisein von Österreichs Musikgewerkschaft ratifiziert und sich damit selbst verpflichtet: Danach widerspricht der ORF dem EU-Recht auf freien Wettbewerb, und ist er möglicherweise mit Hörer- und Sehergebühren bezüglich Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags "überfinanziert". Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und Geldstrafen sind zu erwarten, unternimmt der ORF nicht entscheidende "inhaltliche" Umstrukturierungsmaßnahmen. In Wahrheit geht es dabei um eine Wertschöpfungskette großer Dimension, die von Österreichs Kreativen (in den letzten Jahren hat Österreich 15-20 Mrd. Euro verloren!) bis zum Musikmarkt Europas reicht und sich so gegen globale (amerikanische) Massenüberflutung schützen kann. In diesem Sinne ist etwa die Geschäftsstrategie vom deutschen Bertelsmann-Verlag zu verstehen, sich Mitte 2008 von seinen 50%-Anteilen an Sony BMG, dem zweitgrößten Musik-Unternehmen der Welt, zu verabschieden, und über BMG (Bertelsmann Music Group) nur noch die Vermarktungsrechte von 200 vor allem europäischen Künstlern zu behalten. Die Klage eines Stephan Dorfmeister vom VTMÖ (Verband der unabhängigen Tonträgerproduzenten Österreichs), "der Druck, international zu produzieren ist zu hoch! Das war nicht immer so!", könnte sich auf diese Weise ändern - insofern auch der Nach-wie-vor-Marktanteil-Platzhirsch ORF qualitativ hochwertige, unterhaltende, heimische Musik in Umlauf bringt. Die über die Plattform SOS-Musikland vereinten Musikvertreter von Pop bis Klassik fordern jedenfalls vom ORF laut Peter Paul Skrepek von der Musikergilde und Musikergewerkschaft die:
- kurzfristige Erhöhung des heimischen Musikanteils um fünf Prozentpunkte, nicht fünf Prozent;
- die mittelfristige Erhöhung des Interpretenanteils bis zum Jahr 2011 von derzeit 23 auf mindestens 40 Prozent (entspricht einer Erhöhung des AKM-Wertes von derzeit 15,2 auf 26,7%);
- die Vereinbarung einer verbindlichen Musikcharta Österreich mit dem Ziel, den Musikanteil aus Österreich in allen Programmen der ORF Radios langfristig auf den europäischen Durchschnittswert zu erhöhen;
- Abspielverpflichtung zwischen 6 und 22 Uhr;
- dass die Hälfte der gesendeten Musik aus Neuheiten bestehen muss;
- senderadäquate Mitwirkung aller Radioprogramme.
Kommilitone Hannes Eder von Universal Music Austria beruft sich wie Skrepek nach wie vor auf das Vorbild "Schweizer Musik-Charta", die vor fünf Jahren (2004) eingeführt wurde und heute von Erfolg gekrönt ist: der mit Ö3 vergleichbare Radiosender DRS3 steigerte den Schweizer-Musikanteil von 11,3 auf 17,7 Prozent, andere Sender machten Sprünge um 11,4 oder 28 Prozent Kompositionen mehr! - Und das angeblich zum Wohlwollen aller Beteiligten (mit Marktanteilssteigerungen der Sender: DRS 3 mauserte sich 2006 auf einen 13-Prozent-Rekordwert, 2007 gesteigert auf 14 Prozent und schließlich 15 Prozent 2008, was in Ist-Zahlen täglich 25 Prozent oder rund 1,2 Millionen Hörern in der Deutschschweiz entspricht.)

Dennoch versteckt der ORF Österreichs Musiker: hinter Amateur-Casting-Shows und dergleichen. Im Gesetzesentwurf des neuen ORF-Rundfunkgesetzes wird Österreichs Kreativszene jedenfalls mehr reduziert als vermehrt. Dabei gab Hörfunkdirektor Willy Mitsche im Juni 2008 während der parlamentarischen Enquete sein Versprechen, sich "freiwillig" für eine höhere Quote der österreichischen Urheber und Interpreten im ORF einzusetzen - obwohl er (im Foto rechts neben Hannes Eder) schon dort via Trailer - wie später bei den Verhandlungen - behauptete, der Quotendurchschnitt an Österreichern liege ohnehin gut bzw. im europäischen Mittelfeld. ...

Diese glatte Lüge quittierten Leute wie Musikproduzent Markus Spiegel und Labelbesitzer Walter Gröbchen mit prompten Buhs aus den Zuschauergalerien ...

... und entrüsteten die Mitstreiter Falco-Bandleader Thomas Rabitsch und Peter Paul Skrepek (3. Reihe v. oben), was Zweiterer dann auch lautstark und makaber umgreifend kundtat, mit dem Mahnruf: sich diesmal (nach 15 Jahren Hinhalten und Branchenlobbying) nicht mehr mit bloßen Worten vertrösten zu lassen ...


MEDIAPLANER- UND WERBER-TREND: DIE ZIELGRUPPE FOLGT DER IDEE, NICHT UMGEKEHRT - EIN TIPP FÜR DEN ORF?

Ein wesentlicher Aspekt zum richtigen Umgang mit dem Thema Österreich-Produktionen ergibt sich aus der Beziehung des ORF zur Werbewirtschaft. Denn bis zur Hälfte ist der ORF durch Werbung finanziert. Dabei scheint er sich aus marktwirtschaftlichen Überlegungen nicht zu trauen, seine derzeitige inhaltliche Positionierung - im strikt-steril-vereinheitlichten Formatstil - qualitativ und wesentlich zu ändern (zu verbessern). Verblüffenderweise bestätigt jene Berufsgruppe diese Angst aber kaum, selbst wenn der finanziell marode ORF - nicht nur wegen der Wirtschaftskrise - mit 85% ausgebuchten Werbezeiten 2008 und mit 79% verstärkt im ersten Quartal 2009 erhebliche Einbußen an Werbeeinnahmen hinnehmen mußte. Tendenz weiter fallend. - Die echte Meinung von der Berufsgruppe "Werbewirtschaft" ist insofern interessant, weil der ORF jene stets als Grund und Rechtfertigung seiner Nichtberücksichtigung heimischer Filme und Musik im Programm nennt. Mit Sätzen wie: "Wenn wir österreichische Musik und österreichische Filme spielen, bucht die Werbewirtschaft unsere Werbezeiten nicht, bzw., dann kommt uns die werbetreibende Wirtschaft als Geldgeber abhanden, weil wir an Quote verlieren." - Das, obwohl die Parameter "lokale Eigenproduktion" für die prinzipielle Affinität des lokalen Massenpublikums garantiert, und obwohl die Quoten - wie anhand der Schweiz beschrieben - anheben würden, sobald Kreativproduktionen von internationaler Qualität mit erkennbarem, heimischem Element in einem entsprechend prominent aufgezogenen, journalistischen Rahmen eingebunden würden. Diese Ausrichtung ist in der Werbewirtschaft seit jeher das begehrteste Werbefeld, und nicht etwa, wie angenommen, das austauschbare, internationale Massenprogramm.

Daher ist das Ergebnis folgender Umfrage unter jenen Mediaplanern und Werbern wiederum schlüssig, die 2008 - im Jahr der Wirtschaftskrise und des Medienumbruchs - ihr Geschäftsjahr am besten und ansteigend abgeschlossen haben: Auf eine qualitative Umfrage mit Schwerpunkt "Verkäuflichkeit von heimischer Musik im ORF" antworteten 45% der Leiter der Billing-stärksten Mediaagenturen, sowie die vom Branchenblatt Bestseller als Newcomer-Werbeagentur des Jahres ausgezeichnete "gantnerundenzi, österreichs erste kontakterlose werbeagentur" - sie wurde exemplarisch wegen einer offensichtlich strategisch-erfolgreichen Trendumkehr (selbst in der Werbeszene) ausgewählt. Denn sie stellt in Folge neuen Medien-Konsumverhaltens die Idee (Kreativität) vor Impact und Reichweite, um beides umso gezielter zu erreichen. Zitat von CD-Geschäftsführer Daniel Gantner: "Die Zielgruppe folgt den Ideen, nicht umgekehrt." Aber auch Paul Schauer von Omnimedia sagt: "Die Nachfrage folgt dem Angebot. Auch im Medienbereich. Das läßt sich statistisch sehr leicht belegen." - Das könnte also ein Pendant für ein neues ORF-Programm-Argument sein, unterhaltende bzw. unterhaltend lebensnah aufbereitete Kunst und Kultur (die Idee) in die Position des Alltagkonsums zu heben und nicht etwa in ein trockenes Spartenkanal-Getto abzuschieben (was ebenfalls schon angedacht wird). Denn wie die Erfahrung in Ländern wie Frankreich, Italien, Großbritannien zeigt, wo der heimische Anteil überdurchschnittlich hoch ist, gewinnen deren Filme und deren Musik trotz und wegen ihres lokalspezifischen Colorits immer mehr an internationaler Qualität, sodass auch das Ausland danach fragt.

... Gekommen ist es nach sieben Verhandlungs-Monaten jedoch wie gehabt: der ORF gesteht nur 0,75 - 2 österreichische Eigenkompositionen mehr pro Tag zu, sodass Skrepek im Rahmen einer Pressekonferenz der Musikwirtschaft-Dachinitiative SOS-Musikland resümiert, "danke für die Garantie, nichts zu tun." Mit dem versprochenen Rückhalt aller Parteien spekuliert er nun auf eine Festlegung des öffentlich-rechtlichen Auftrags im neuen Rundfunkgesetz ...

..."Das ist die letzte Lösung, die uns bleibt, wenn die freiwillige Erhöhung nicht kommt. Denn tatsächlich liegt das Musikland Österreich im lokalen Musikanteil-Ranking hinter Neuseeland und Venezuela. Wir benötigen eine Charta der österreichischen Musik nach Schweizer Vorbild!", verlangt Hannes Eder.

Skrepek, Eder und Klassische-Komponisten-Vertreter Prof. Klaus Ager neben Stephan Dorfmeister, der vorrechnet, um wieviele Milliarden Euro die Wertschöpfung der Musikwirtschaft für Österreich höher wäre, wenn man sie in den Medien spielen würde, appellieren auf die Klugheit der Entscheidungsträger - nach all den Jahren heimische-Musikwirtschaft-Versäumnis und -Abschwung. Dass das Vorhaben für alle Beteiligten lukrativ wäre, glauben auch die erfolgreichsten Trendsetter der heimischen Werbewirtschaft, wie eine Umfrage von intimacy: art beweist. - Und auf die Werber ist der ORF auch künftig angewiesen.


ÖSTERREICHS MUSIK PASST ZU Ö3

Alle befragten Mediaagentur-Leiter waren prinzipiell der Meinung, dass österreichische Musik im Niveau einer einleitend erwähnten Original-Falco-Band mit heimischen Interpreten (die einige von ihnen live gehört hatten) auf alle Fälle mit der auf Ö3 gespielten Mainstream-Musik mithalten könnte, wobei der überwiegende Teil bedauerte, dass nicht mehr davon gespielt würde. Ob diese Musik auch MTV-tauglich wäre, darüber machten sich Zweifel breit - nicht wegen musikalischen Aspekten, sondern weil dafür "die Aufbereitung (die Show) auf einem internationalen Standard sein müßte". - "Und das konnten sich bisher halt nur wenige österreichische Künstler leisten", meint etwa Maurizio Berlini von ZenithOptimedia, jener Agentur, die es unter seiner Geschäftsführung auf Anhieb auf Platz 9 des Billing-Rankings (+22% Schaltvolumen-Steigerung) geschafft hat. Dass diese Art von Musik dem österreichischen Fernseh- und Radiopublikum generell gefallen könnte, bejahten wiederum alle, Beisatz: "Vor allem hier in Österreich. Im Niveau eines Oscar-Fälschers oder von Falco könnte sie aber auch dem internationalen Publikum gefallen". Und Deborah Arpino, Geschäftsführerin von der drittgrößten Agentur OMD, fügt differenzierend hinzu: "Mainstream ist nicht gleichzusetzen mit internationaler Musik."

Die minimale, freiwillige Erhöhung des ORF von nicht einmal einer Musiknummer österreichischen Anteils mehr pro Tag, versteht in Sachen strategischen Reichweitenerhalts zwar die Mehrheit der Mediaplaner ("das ist zu unbedeutend, dass sich ein Reichweitenverlust ergibt", "Ö3 ist nun mal Mainstream, da kann man keine Nischenmusik platzieren", "Ö3 gehorcht einem AC-Format, wo im Vorfeld abgetestet wird, was die Hörer wünschen", "ja zu mehr Österreich, aber nur wenn die Quoten nicht sinken"), sie merken aber auch an, wie etwa Maurizio Berlini: "Es gibt natürlich die Konditionierung, wonach man nur wünschen kann, was man schon kennt. Und die ist jahrelang im Monopolstatus von Ö3 und ORF gewachsen, sowohl gegenüber dem Sender als gewohnt zu hörendem Kanal, als auch gegenüber den Musiknummern. Es ist also ein schwieriges Thema: Was war zuerst, die Henne oder das Ei? - Andererseits hat selbst Ö3 als öffentlich-rechtlicher Sender einen Bildungsauftrag, für den er Gebühren erhält. Dass die Musikwirtschaft da Druck macht, ist berechtigt, schließlich leben wir ja auch von der Wertschöpfung im eigenen Land. Die Differenzierung müßte auch gegenüber den privaten Radioanbietern sein, die ja auch nichts anderes spielen, dafür aber keine Gebühren erhalten." - Abgesehen davon belegt allerdings eine Gallupumfrage, wonach 57% der Österreicher mehr österreichische Musik im Rundfunk wünschen. Man müßte also auch einmal fragen, wie diese deutsche Auftragsfirma, die das Ö3-Programm bestimmt, ihre erhobenen Wünsche bei wem abfragt?! Oder: auf welche Fakten sich ein Sager wie von Ex-ORF-GI Gerhard Zeiler, "man wird sich doch die Cash-Cow Ö3 nicht von österreichischem Programm versauen lassen", eigentlich stützt? Denn - wie eingangs skizziert - könnte es durchaus sein, dass die österreichischen Hörer Ö3 einfach hören, weil sie den Sender gewohnt sind zu hören und nicht etwa dessen Inhalt. Ähnliches Phänomen zeigt sich in Österreich ja auch bei der Kronenzeitung als "Phänomen der Medientreue des Österreichers an sich".

"Wenn es etwas Gutes an der Wirtschaftskrise gibt, dann ist das: dass die Kurse in der österreichischen Realwirtschaft angekommen sind. Denn die Finanzmärkte sind stets Ausgangspunkt der Scheinwelt. Für Print und Fernsehen ist das gut so, weil wir jetzt gezwungen sind, den Weizen von der Spreu zu trennen", meinte VÖZ-Präsident und Styria-Verlag-Chef Dr. Horst Pirker beim Adgar, "das ist die Chance auf Qualität für die Zukunft!". - Zu hoffen ist, dass künftig auch Qualität im Fernsehen als Qualität "verkauft" wird: nämlich die echten heimischen Kreativen, nicht die Amateure. - Ist das die USP-Chance für den ORF?


ÖSTERREICHS FILME UND MUSIK ALS USP DES ORF

Auf die Frage, ob es nicht eher von Vorteil sein könnte, statt Alltagsbürgern wie in Starmania gleich echte Könner als Stars zu präsentieren und so als öffentlich-rechtliche Medienanstalt einen USP (einzigartiges Verkaufsargument, das nur dieses Unternehmen hat) zu erlangen, verstehen zwar die meisten Mediaplaner den Willen, dem Trend zu entsprechen, als Gemeinbürger selbst ein Star sein zu wollen, und dadurch hohes Identifizierungspotential zu erlangen, wobei der ORF mit diesen "neuen Österreichern" als "vermarktete Künstler" wiederum an Quoten gewinnen und mit einem Return of Investment rechnen könne, wonach er ja (leider) noch immer bemessen würde. Meinungen wie von Deborah Arpino zeigen aber auch, dass sich die Mediaplaner eine alternative Ausrichtung vorstellen könnten: "Die echten Könner als USP wären definitiv eine wichtige Initiative. Ein Möglichkeit ist das Thema Authentizität und lokale Nähe stärker zu besetzen und hier mit echten Künstlern zu arbeiten."

Die Nachfrage, ob nun österreichischer Inhalt (besonders in der Musik) automatisch Wettbewerbsnachteil und damit eine Schwächung des ORF bedeutete, beantworten wiederum alle mit einem "definitiven Nein". Paul Schauer, Geschäftsführer der zweitgrößten Mediaagentur OmniMedia, meint schon in Bezug auf die Sinus Milieus - die Zielgruppe wird nicht nach Altersgruppen, sondern nach "Typen, je nach Lebensauffassung" bestimmt, etwa: Performer (für ihn zählt z.Bsp. nicht das Einkommen, sondern die Grundhaltung zum Leben), Etablierte (Leistung, Erfolg, exklusiver Lebensstil, neugierig auf Neues), Bürgerliche Mitte (heimatverbunden, harmoniebedürftig, gewisser sozialer Status), Hedonisten (Freiheits- und Unabhängigkeitsstreben von etablierter Leistungsgesellschaft, dennoch Luxus- unterhaltungsorientiert, spontan), bäuerlich-ländliche Menschen, etc. -, wonach Mediaplaner Werbung am effizientestesten platzieren: "Schon die Milieus in Deutschland und Österreich sind unterschiedlich. Davon abzuleiten ist, dass es einen österreichspezifischen Inhalt geben muss. Die österreichische Identität ist auch wichtig für die Authentizität der Werbebotschaften." "Das Bedürfnis, über sein eigenes Umfeld informiert zu werden, steigt in der globalen Welt", ist eine weitere Antwort darauf, und "gut präsentierter, qualitativ hochwertiger, österreichischer Inhalt hat sicher die besten Voraussetzungen, den ORF in seiner Positionierung zu stärken." Sowie: "In Italien etwa wird viel mehr italienische Musik gespielt. Weil die Zuhörer das hören wollen, wofür seit 40 Jahren eine Nachfrage geschaffen wurde. Ob live im Fernsehen Konzerte übertragen werden oder eigene Italo-Charts präsentiert werden, die Palette ist breit. Verglichen damit hat Österreich einen Riesen-Nachholbedarf." Für Dr. Markus Enzi bringen viel mehr Gleichschaltung und Anbiederung eine Schwächung des ORF, und keine Differenzierung: "Durch ewiges Hinterherhächeln schwächt sich der ORF bis zur Atemlosigkeit. Was er zur Änderung braucht, ist politischer Rückhalt."















Österreichische Zeitungsqualität war jedenfalls auch Der-Standard-Herausgeber Oscar Bronner einmal ein Anliegen - ein bißchen weniger Druck von der Wirtschafts-"Scheinwelt" (von der Anzeigen-Orientiertheit) würde auch seiner Zeitung gut tun - wie geht das besser, als wenn die Werber selbst kreativer (kontakterloser) werden - wie die Newcomer-Agentur des Jahres gantnerundenzi, die die Idee vor die Reichweite stellt, sodass die Reichweite umso größer wird.













Für komplexe Werbeideen ist Jan Mariusz Demner bekannt, der mit seiner bis heute Inhaber-geführten D,M & B gegenüber den Globalwerbern erneut umsatzstärkste Werbeagentur in Österreich wurde - Kreativität, Lokalbezug und Profit können also durchaus Hand in Hand gehen ...



ZUR VARIANTE: GEBÜHREN FÜR ALLE MEDIEN

Die Variante, je nach "Bildungserfüllung" einen Schlüssel der Gebührenverteilung auf alle Medienbetreiber - egal ob privat oder öffentlich-rechtlich - zu verteilen, wurde sehr differenziert aufgenommen. Derzeit plant SP-Medienstaaatssekretär Josef Ostermayer tatsächlich - ähnlich wie in Grossbritannien - fünf Millionen Euro für kommerzielle Sender, eine Million für nichtkommerzielle Stationen, sowie sechs Millionen mehr für TV-Produktionen zur Verfügung zu stellen. Diese neue Förderung soll von den 118,7 Millionen Euro kommen, die der Bund jährlich aus Rundfunkgebühren einnimmt. Sie wird von der RTR (Rundfunkregulierungsbehörde) ausgeschüttet, und zwar für "vielfältiges und hochwertiges Programmangebot, das insbesondere einen Beitrag zur Förderung der österreichischen Kultur, des österreichischen und europäischen Bewusstseins sowie der Information und Bildung der Bevölkerung leistet".
Bejahung zur Gebührenverteilung kommt von ZenithOptimedia. Mag. Andrea Reschreiter / Research Director OMD stellt dafür allerdings eine Bedingung: "Dafür bin ich nur, wenn das eine hohe Quote vieler starker Sender mit österreichischer Identität und hohen moralischen Ansprüchen gewährleistet, woran ich aber eher nicht glaube. Sondern ich glaube eher an ein Sinken der Qualität." - In der Tat kommt es etwa in Grossbritannien sogar zu Kompositionsaufträgen von kommerziellen Sendern (Channel 4), die als Oper im TV gezeigt und darauf hingeschnitten kreiert werden. Allerdings sind diese oftmals so schlecht - Stichwort "Oper When She Died von Jonathan Dove (siehe Kritik auf intimacy: art) zum Phänomen Tod Lady Di" -, dass es nicht nur einem Opernfreund verleidet, sondern wahrscheinlich auch einem Desinteressierten, bevor dessen Interesse überhaupt entstehen kann. Man kann sich darunter auch die Reinhard-Fendrich-Karaoke-Show Sing And Win auf ATV vorstellen, die kaum den Kern der Musiknation Österreich, geschweige denn den Musikalischen eines Reinhard Fendrich (!) mit Band trifft. Immerhin bringt der öffentlich-rechtliche Sender BBC aber Shows zustande, die wir in Österreich gegenwärtig einkaufen müssen (Dancing Stars), wo aber wenigstens österreichische Spitzenmusiker die Nummern arrangieren und interpretieren. - Insofern ist es auch nachvollziehbar, wenn der Gebührensplit völlig abgelehnt wird, mit der Begründung, "es sollte eine freie Medienlandschaft in einem freien Markt und einen öffentlich-rechtlichen Sender geben, der seinem Auftrag wirklich nachkommt".

... mancher Werber hätte sich deshalb mit den Musikern gerne nach der Adgar-Preisverleihung zum Dinner im Konzerthaus ausgetauscht - doch leider wurden jene backstage abgeschottet. - Nix für ungut, aber der "Gesinde-Trakt" gehört im 21. Jahrhundert definitiv abgeschafft! Denn Kreativität hat nicht nur eine Wirtschaftsseite, sondern auch jene der Kunst!

V. li.: E-Gitarrist Peter Paul Skrepek, Trompeter Bernhard Rabitsch, der für das Konzert extra aus München eingeflogene Schlagzeuger und Popprofessor Curt Cress (war vor Thomas Lang in der Falco-Band), Bassist Bertl Pistracher und Bandleader Thomas Rabitsch, der für den ORF auch Dancing Stars und Starmania musikalisch leitet; sie hätten jedenfalls nichts gegen ihre echte, eigene Musik in der Öffentlichkeit (in heimischen Medien). - So wie auch das Publikum nicht.


HEIMISCHE IDENTITÄT IN GLOBALER MEDIENZUKUNFT

Bezüglich der medialen Zukunft im globalen Zeitalter meinen abschließend die meisten, dass es mit der Digitalisierung viele neue medialen Innovationen gebe und zu einem Wechsel von der unidirektionalen Imagewerbung zu Medien komme, die sich als Dialogvermittler der Marken positionieren würden, da junge Konsumenten ein verändertes Markenverständnis hätten. Das Mobile Web wird als Massenmedium der Zukunft gesehen. Die klassischen Medien werden sich der digitalen Verbreitung öffnen müssen, selbst wenn sie alle auch komplementär genutzt werden. Im Internet selbst werden sich letztendlich zwar dieselben Marktmechanismen von breitem Segment mittelpreisiger Produkte, kleinen Nischenprodukten und kleinem Premium-Segment und zunehmendem Diskontbereich heraus kristallisieren, erstmals aber werde es möglich, innerhalb der internationalen Marken und "Speisen", die "eigenen überbackenen Grammelknödel", also genau "diese lokale Spezialität", nach der man sich umso mehr sehne, via Internet zu globalisieren und zu vermarkten ... Denn alle Trend-Studien bewiesen, dass es in der momentanen, global-hervorgerufenen, schwierigen Wirtschaftslage zu einer Rückkehr der Prinzipien von Gemeinschaft und Gemeinsamkeit statt Individualismus und Genusssucht komme. In der Werbung bestechen Kampagnen mit Heim und Nostalgie, sodass "das heimische Identitätsbewußtsein sicher höher zu bewerten sei als das Globale" (Deborah Arpino).


WIE DER IT-MARKT AUCH DEM MUSIK- UND MEDIENMARKT ETWAS BRINGEN KANN

Als zweites Standbein raten die Mediaplaner den österreichischen Musikschaffenden generell, sich parallel im Internet über ein starkes und gut beworbenes Internetradio zu etablieren, das ein Budget vom Staat bekommen und dann mit Radiostationen kooperieren sollte. Denn im Internet-Zeitalter würde zuerst dort gesucht und entdeckt, dann folgten erst die klassischen Medien, weil eine Nachfrage bestünde. Ähnliche Strategie verfolgt übrigens in der Schweiz die Musikplattform Mx3.ch seit Herbst 2006, die ausschließlich Schweizer Musik im Bereich Unterhaltungsmusik von derzeit 10800 Bands via Datenbank verbreitet und kostenlos zugänglich macht. Die bisherige Eignerin war (man staune) die öffentlich-rechtliche SRG SSR idée suisse, inzwischen ist sie eine von mehreren musikwirtschaftlichen Partnern.
Die Frage in Sachen Internetradio ist aber immer noch, ob sich dabei die Werbung so weit integrieren läßt, dass sich sowohl die Musiker, die Produzenten, als auch die Internetmedien damit finanzieren können. Denn Fakt ist: wo in klassischen Medien bisher aufgrund von Reichweiten und Impact Geld floss, schlagen sich für einen Medienbetreiber im Internet in der Regel weder jene Daten, noch Anzeigen-Clicks in Geldwert nieder. Zu einer Vergütung kommt es erst, wenn ein Surfer auf eine Anzeige clickt und dann etwas kauft. Er bekommt also nichts für das In-Umlauf-Bringen des Markennamens. Und das ist fatal.
Fakt ist auch: wo bisher Musiker für den Verkauf einer CD wenigstens einen minimalen Anteil und ihre Produzenten den Löwenanteil bekamen, erhalten jene im Internet durch das Downloaden raffinierter Musiksurfer nichts mehr. Bertelsmann-Chef Helmut Ostrowski sagte kurz vor seinem Sony-BMG Anteilsverkauf naheliegender Weise: "Das Gute ist, es hören mehr Menschen Musik als jemals zuvor. Das Schlechte ist, es ist nicht einfach, das zu Geld zu machen." Und Stephan Dorfmeister sagt über das weltbekannte österreichische Label Kruder & Dorfmeister: "Wir haben zu Hoch-Zeiten bis zu 40.000 Stück verkauft, jetzt sind es nicht einmal mehr 10.000." Doch generell würden "legal" bis zu 25% aller CDs online verkauft.

HOFFNUNG FÜR DIE MEDIEN

Die Hoffnung, aus diesem allseitigen Gratis-Selbstbedienungsladen zu kommen, der sich mit dem Werbeeffekt für Newcomer und mit "demokratisch freiem Meinungsverbreitungszugang für alle" rechtfertigt, liegt einerseits wieder in der Werbewirtschaft. Denn laut Branchenblatt Extradienst zeichnet sich 2009 ein Trend ganz deutlich ab: "Online-Werbung zieht weiter stark an und scheint gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erst richtig auf Touren zu kommen. Was auch mit dem günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis zu tun haben mag. (Anm. Red.: Da - wie gesagt, der Medienbetreiber so gut wie nichts an der platzierten Werbung verdient.) Und hier gibt es noch Platz nach oben. Hinkt doch unser Land in der Nutzung des Internets für Werbung und Marketing den Spendings vergleichbarer Länder noch deutlich hinterher. (Anm. Red.: Schon weil kaum eine Internet-Schaltagentur in Österreich sitzt, sondern meist in Deutschland, den deutschsprachigen Raum abdeckend!)" - Das Hoffnungselement für die Medienbetreiber kann daher nur in einer realen Anhebung eines Gegenwerts für die Platzierung liegen. Denn, so wie es jetzt ist, ist es im Grunde kein Geschäft zwischen zwei Partnern, sondern nur ein Geschäft für einen Partner, nämlich das werbende Unternehmen. Ein Schritt zur besseren Leistungs-Legitimation könnte von Österreichs Web-Mediaplanung (IAB Internet Advertising Bureau Austria) kommen, die 2007 mit ÖWA Plus nach Vorbild der deutschen Agof ein neues Meßinstrument für Internetnutzung (arbeitet ähnlich wie nach Sinus Milieus) einführte, sodass Medien vergleichbar gemacht werden und bessere Argumente gegenüber Agenturen und Werbetreibende gewonnen werden können. Langfristig wird sich das Ungleichgewicht der Geschäftspartner jedenfalls entschieden ändern müssen, da immer mehr Medien ihren Online-Auftritt ausbauen: Das Vorarlberger Medienhaus plant etwa bis 2014, 34 Prozent des Umsatzes im Internet lukrieren zu wollen, der bisher noch zu 90 Prozent durch den Printsektor bestritten wird, da der Online-Werbemarkt, laut Verlagschef Eugen Russ, "noch lange nicht ausgeschöpft sei". Bezeichnend ist, dass er den Inhalt dabei "lokal" ausrichten will: durch "lokales Internet mit lokalen Anzeigen und lokaler Berichterstattung sowie lokalem Service".

37% der freischaffenden Profi-Künstler jonglieren an der 900-Euro-Einkommensgrenze - das weiß Kulturministerin Claudia Schmied seit fast einem Jahr, und doch setzt sie sich bisher nur kosmetisch für jene ein: und gar nicht für deren Vorkommen im österreichischen Rundfunkgesetz.
- Eine Hoffnung birgt das Internet, insbesondere für die Musik. Bisher aber nur als Werbemedium, wo nichts verdient werden kann. Deshalb bräuchte ein heimisches Internet-Radio eine staatliche Förderung.



HOFFNUNG FÜR MUSIKER UND KREATIVE

Die zweite Hoffnung liegt andererseits in der rechtlich reglementierten Vergütung der Werke, sodass die Künstler und im Detail die Musiker an ihrer Arbeit etwas verdienen. Denn wenn 37% der freischaffenden Künstler mit professionellem Anspruch in Österreich laut einer von Kulturministerin Claudia Schmied in Auftrag erhobenen repräsentativen Studie im Juni 2008 entlang der armutsgefährdenden 900 Euro-Einkommensgrenze (Konsequenz: Kinder- bzw. Partnerlosigkeit) jonglieren, - wobei das mittlere Äquivalenzeinkommen (Pro-Kopf-Einkommen) auch nur 1.000 Euro pro Monat beträgt (Gesamtbevölkerung 1.488 Euro) -, dann trifft das auch auf die Musiker zu. Denn sie leben von ihren Rechten an den CDs, und das mehr schlecht als recht, da sie neben der Raubpraxis im Internet auch noch Knebelverträgen von Plattenfrimen ausgesetzt sind. Gefordert wird laut mica-music austria einerseits ein starkes Urheberrecht samt Schutz der Kreativen, der es ihnen erlaubt, aus nachteiligen Verträgen wieder auszusteigen bzw. einen gerechten Anteil an erwirtschafteten Gewinnen ("Bestsellerparagraph") zu erhalten. Außerdem soll der Kulturwirtschaft Österreichs in Anlehnung an die EU-UNESCO-Konvention zum Schutz kultureller Vielfalt von politischer Seite eine gezielte Strategie zu E-culture vorgelegt werden, samt Infrastruktur zur digitalen Musikverbreitung durch die öffentliche Hand oder durch Public-Private-Partnerships.

... Dass die Musiker vielleicht künftig etwas im Internet verdienen, dafür entwickelt MediaFuturist Gerd Leonhard Konzepte. Telefonie- und Suchmaschinen-Betreiber sollten etwa direkte Gelder an die Künstler abgeben. - Bisher funktioniert Internetradio lukrativ nur per kostenpflichtigem Abonnement.

Letztendliches Ziel ist aber natürlich die direkte Verdienstmöglichkeit des Musikschaffenden durch den Verkauf seiner Musik im Internet: Ableitend vom Faktum, dass weltweit 32 Millionen Konsumenten Musik streamen, also online hören, meint "MediaFuturist" und Buchautor Gerd Leonhard: "Es steht hier ein neues Wachstum bevor, weil bisher tatsächlich nur 2 Prozent der Bevölkerung online sind - und doch ist derzeit Myspace das fünftgrößte ´Land´ der Welt. Dabei werden die früheren Konsumenten zu Schöpfern, die durch nicht leicht zu trennendes "Anhören" und "Kopieren" mixen und remixen, was in den Businessmodellen zu berücksichtigen ist. Deshalb muss das Copyright um ein standardisiertes Nutzungsrecht für digitalisierte Musik erweitert werden. Die neuen Möglichkeiten im Internet müssen je nach Nutzung lizensiert werden, während Kontrolle (durch bisherige Musikkonzerne, Kopie-Verweigerung bzw. -Erlaubnis) keine Gewinnchancen mehr hat und Wachstumssicherung mehr bietet. Dann werden sich diese Möglichkeiten auch kommerziell lohnen."
In der Praxis heißt das, dass etwa ein Euro im Monat pro Mobile-Telefonierer an die Musiker gehen soll, wenn schon vier Milliarden Mobil-Telefone mit eingebauter Flatrate für Musik in Umlauf sind. Oder: "Die enorme Chance liegt in Musik-lizensierten Suchmaschinen, wie sie etwa Google in China, Norwegen und Dänemark als Musik-Service gestartet hat, um möglicherweise eine erste bezahlte Online-Initiative in Gang zu setzen, wonach von Google ein Euro pro User an die Datenbank-Kreativen gehen soll. Die Idee ist, dass die Kreativen überall, wo mit Musik-Anhören im Internet Geld verdient wird, ihren Anteil bekommen. Das bedeutet: das Musik-lizensierte Netz ist eine Riesenchance, wobei das Problem und dessen Lösung nicht beim kopierenden User, sondern bei der Industrie und Gesetzgebung liegt."
In der gegenwärtigen Praxis gehen einzelne Betreiber aber noch immer den konventionellen Weg: Das Internet-Radio Last.fm stellt etwa seit Anfang April dieses Jahres seine sieben Millionen Musikstücke und Videoclips für User außerhalb der - mit Werbeeinnahmen ausreichend versorgten - Länder USA, Großbritannien und Deutschland nicht mehr gratis zur Verfügung, sondern verlangt nach 30 Gratis-Musiktiteln ein Abonnement von drei Euro pro Monat, um die Rechte an Labels und Künstler zahlen zu können.

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AUSBILDUNG IN GLOBALER GEFAHR - ÖSTERREICHS MUSIKER & TÄNZER VERSUS FILMER DAVID LYNCH & FORSCHER ERICH KANDEL

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