Sunday, September 02, 2007

intimacy: art - KUNSTRANKING´07,2: KATEGORIE "SAMMLER & SAMMLUNGEN"


Die zweite Kategorie des qualitativen intimacy: art - Halbjahres-Kunstrankings für 2007, juriert von der intimacy: art-Redaktion, kreist um das Thema "Sammler & Sammlungen", wobei auf Permanentausstellungen und hauseigene Sammlungen einzelner Institutionen kaum geachtet wird. - Sie fallen in die Kategorie 1 "Touristen-Event-Attraktion" (scroll down!), da sie meist kulturelle Reiseziele darstellen. Außer sie werden so außergewöhnlich präsentiert und kombiniert, dass sie jenseits der Routine liegen. Das Hauptaugenmerk liegt - was somit höher bewertet wird - auf den neuerdings in Mode gekommenen Privatsammlern - Unternehmen oder Einzelpersonen -, deren Sammlungen von Museen eingeladen und ausgestellt werden. Bei den Sammlern lassen sich solche ausmachen, die mit ihrem - auf einem Konzept beruhenden - gezielten Spürsinn selbst so etwas wie Künstler darstellen, indem sie innerhalb ihrer Sammlung eine ästhetische und inhaltlich kulturrelevante Linie erkennen lassen, solche, die eher markt- und profitorientiert sammeln, und wiederum solche, die einen sehr kuriosen, eigenwilligen, nur bedingt kunstgeschichtlichen Zugang bei der Aneignung ihrer Werke ausdrücken. - Auch das kann seinen Reiz haben und einen neuen Input in festgefahrene Gesellschafts- und Wahrnehmungsmuster sowie Kunstgeschichte-Fixiertheit bewirken. Und noch einmal auf- und abgewertet werden diese Sammlungen, je nachdem, wie sie letztlich in den Museen und Ausstellungsorten aufgestellt und aufgehängt werden. Hier also die Top-Ten, die sich der Öffentlichkeit seit Anfang 2007 offenbaren.


intimacy: art -
HALBJAHRES-KUNSTRANKING 2007,
KATEGORIE II "SAMMLER & SAMMLUNGEN"

Platz 1
SAMMLUNG ESSL im Essl-Museum und im Schömer-Haus für PASSION FOR ART - 35 Jahre Sammlung Essl, 15.03. bis 07.10.2007 (Ausstellungshalle), einschließlich DAMIEN HIRST/DAVID BAILEY mit The Stations Of The Cross, 2004 von 16.03. bis 28.05.2007 und PAUL McCARTHY mit Tokyo Santa, 1996/2004 von 01.06. bis 07.10.2007

Platz 1 im intimacy: art-Kunstranking, Kategorie "Sammler & Sammlungen": Die Sammlung Essl mit der 35-Jahre-Jubiläumsausstellung Passion for art, wo dem internationalen unbezahlbaren Damien Hirst ein Extra-Raum gewidmet wurde. Hier Ausschnitt aus der Hirst-Bailey-Serie The Stations of the Cross, Jesus is Taken Down from the Cross (2004), 14-teilig, C-Print, 182 x 122 cm, Foto: David Bailey, London © Damien Hirst & David Bailey)

Begründung: Essl sammelt anti-elitär und macht Kunst zum Allgemeingut.
Mit sechs kunsthistorisch geschulten Kuratoren, die offensichtlich die neuesten Strömungen am Markt mit den internationalen Senkrechtstartern beobachten, repräsentiert die Sammlung Essl mit ihren Ankäufen schon lange nicht mehr "nur" die persönlichen Vorlieben des Sammler-Ehepaares Karlheinz und Agnes Essl. Umso spannender ist nun die von Karlheinz Essl kuratierte Jubiläumsschau, worin er die traditionelle Ordnung der Werke nach stilistischen, sammlungs- oder kunstgeschichtlichen Kriterien ignoriert. Sie stellt viel mehr einen Mix dar, aus Essls früher - nach formal-harmonisch schöngeistigen, narrativen Kriterien - ausgewählter Kunst mit den neuesten tabubrechenden (und hoch dotierten) In-Werken in Extraausstellungen von DAMIEN HIRST/DAVID BAILEY mit der fotoinszenierten Kreuzweg-Irritiation The Stations Of The Cross, 2004, über PAUL McCARTHY mit der Performance-Fotoserie Tokyo Santa, 1996/2004, bis zu Mexikaner GABRIEL OROZCOs bemalter Skelett-Installation Dark Wave. Zwischen Natur- und Tierkräften, politischen Umbrüchen, formal-farbigem Spiel und Architektur-Raum-Interventionen stellen zum Beispiel JÖRG IMMENDORFF, GOTTFRIED HELNWEIN, JAKE UND DINOS CHAPMAN, ANSELM KIEFER, ANTONI TÀPIES, HERMANN NITSCH (mit Malerei!), JOSEF MIKL, SAM FRANCIS, GERHARD RICHTER, SIEGFRIED ANZINGER, ALFRED KUBIN, KATRIN PLAVCAK und GEORG BASELITZ eine Mischung aus formaler Brillanz und jenen Künstlern dar, von denen Österreich und die ganze Welt gerade spricht. Die Einzelwerke scheinen sehr konkret ausgewählt zu sein, sodass man nicht einfach "irgendetwas" von einem namhaften Künstler kauft. Die insgesamt 400 Kunstwerke der 160 international renommierten KünstlerInnen – von Hauptwerken der Sammlung bis zu noch nie gezeigten Neuankäufen - repräsentieren eine Schau zwischen Marktrelevanz und individuellem Geschmack, die vorbildhaft und motivierend auf den Normalbürger wirkt, mit dem Sammeln aus purer Lust zu beginnen. Sie sagt: Jeder hat mit seinem Geschmack zu jeder Zeit Recht. Die Sammellust fußt sichtlich auf Leidenschaft mit Konsequenz, die nicht auf schulischem Bildungs- oder politischem Nutzungsstreben basiert. Kunst macht hier Spaß, ist lebensnah, stiftet existenziellen Sinn im Jetzt und bejaht unverzerrend und zuversichtlich den "Kunstmarkt", selbst wenn sie ihn kritisiert.


Platz 2
SAMMLUNG VERBUND für Held Together With Water - Kunst aus der Sammlung Verbund im MAK, 9.5. bis 16.9.2007

Platz 2 im intimacy: art-Kunstranking, Kategorie "Sammler & Sammlungen": Die Sammlung Verbund für Held Together With Water - Kunst aus der Sammlung Verbund im MAK. Hier die in der Schweiz geborene Asiatin Loan Nguyen, die sich auf poetische Weise im Raum platziert: Tennis + moi, 2000, C-Print, auf Aluminium kaschiert, 126,2 x 158 cm © Loan Ngyuen

Begründung: Verbund sammelt zum Unternehmen passend, illusionär und exquisit.
Die Betonung der Präsentation von "Werkgruppen" ist in Bezug auf die darin vorkommenden Künstler zwar eine Manipulation ihrer proklamierten "freien Kunst" und damit eine "Lüge" - denn kein Künstler (außer er zeichnet selbst als Gruppe), wird seine Arbeit in Hinblick auf die Zuordnung in eine Gruppe schaffen (da könnte er ja gleich eine Werbekampagne für ein Unternehmen kreieren) - diese Schubladisierung von Einzelkünstlern unter einem Thema oder eine Zeitperiode bewirkt im Betrachter aber eine Intensivierung von Ideen und Erfahrungen. Hinsichtlich Ausstellungs- und Sammelkonzepts der Sammlung Verbund ist diese, erst seit 2004 angekaufte Kunstkollektion daher eine Perle. Außerdem sind die Themen "Feminismus" und "Lebens-Raum", unter denen die jungen Formen Videokunst, Performance, Fotografie und Installation eingereiht werden, ausgesprochen passend zum Energie-Unternehmen Verbund. Denn die Frauen sind in der Arbeitswelt wirklich noch benachteiligt, und die Energie ist für den Lebensraum essentiell. Die von ihrer Herkunft die künstlerisch hochentwickelten Länder repräsentierenden Kuratoren - Sammlungsleiterin Gabriele Schor arbeitet in Wien, Sean Rainbird ist Direktor der Staatsgalerie Stuttgart und Philipp Kaiser Kurator des Museums für Gegenwartskunst in Basel und im MOCA, Los Angeles - schlägt sich auf die Auswahl nieder: die Werke sind exklusiv ausgewählt, jene von Stars und Newcomern aus Amerika, Europa und auch von Österreich/der Schweiz. Der Betrachter erfährt bei jedem Werk ohne groß ausgeführte Theorie einen ästhetischen, niemals zufälligen Eindruck, und erkennt sofort die inhaltliche Schärfe, die das Alltagsleben mit seinen Problemen aufwirft. Die frühen feministischen Performance-Fotos von CINDY SHERMAN, VALIE EXPORT, HANNAH WILKE, ELEANOR ANTIN, BIRGIT JÜRGENSSEN (Fotoserie Totentanz mit Mädchen 1979!) und im Gegenzug dazu die frühen männlichen oder schwulen Inszenierungen von DAVID WOJNAROWICZ (Fotoserie Arthur Rimbaud in New York, 1978/79, 2004!), URS LÜTHI, GILBERT & GEORGE, etc. beeindrucken vor allem wegen ihrer formalen Ernsthaftigkeit, thematisch sind sie grossteils überholt. Wirklich spannend und repräsentativ für heute sind die jüngeren Werke der Engländerin GILIAN WEARING mit der Serie Signs that say what you want them to say and not Signs that say what someone else wants you to say, 1992-93, worin etwa ein scheinbar gut situierterter, bürgerlicher Anzugträger ein Schild mit der Aufschrift "I´m desperate" vor sich trägt - was für die große Trauer unter der materiellen, wohlstandsgesellschaftlichen Fassade steht. Und der in Mexiko-City lebende Belgier FRANCIS ALYS hat eine Videoinstallation aus mehreren Filmteilen, verstreut in der ganzen Ausstellungshalle, geschaffen, worin er die unkontrollierte Wahrnehmung eines Hundes oder eines Menschen beim Spaziergang nachstellt; dramaturgisch und rhythmisch greift er jedoch ein, sodass daraus über die Dokumentation hinaus unterhaltsame Filmkunst mit Pointe wird. Ebenso sind die zwei gezeigten Filme in Kabinen, von MARKUS SCHINWALD und AIDA RUILOVA, formal und dramaturgisch detailreich als poetische Kurzfiktionen erarbeitet, wo innere Zustände bzw. Gefühle zwischen Leben und Tod mit musikalischem Rhythmus und grafischem Können transparent werden. Die menschliche Sehnsucht nach der Illusion spielt in dieser Ausstellung eine größere Rolle als existenzielle Sorgen. Am schönsten zeigt das wohl die Fotokunst der in der Schweiz geborenen Asiatin LEON NGUYEN, deren Selbstbildnisse im Raum an impressionistischer Poesie kaum zu überbieten sind. - Schön, echt und aktuell ist diese Ausstellung, trotz wirtschaftlich vereinnehmendem Mantel.


Platz 3
SAMMLUNG THYSSEN-BORNEMISZA für Meisterwerke der Europäischen Klassischen Moderne im LEOPOLD MUSEUM, 27.06.2007 bis 27.06.2011

Platz 3 im intimacy: art-Kunstranking, Kategorie "Sammler & Sammlungen": Die Sammlung Thyssen–Bornemisza im Leopold Museum. Man merkt, dass der Baron aus purer Liebe sehr gezielt sammelte. Hier: Edvard MUNCH: Das kranke Kind, 1896, Lithographie in zwei Farben, auf Velinpapier gedruckt, 42,1 x 56,5 cm © Thyssen-Bornemisza-Collections

Begründung: Baron, der nur um "seiner geliebten Kunst" willen sammelt
Erstens ist es eine schöne Geste der Tochter Francesca Habsburg, des legendären Sammlers, Baron Hans Heinrich Thyssen–Bornemisza (1921 – 2002), dessen Kollektion der Klassischen Moderne bzw. der familiären Stiftung - vom Expressionismus über Kubismus bis zum russischen Konstruktivismus - für vier Jahre dem Leopold Museum zu leihen, wovon nun 16 Werke im Obergeschoss zu sehen sind, zweitens ist diese Auswahl äußerst erlesen und wertvoll. Schon in der voraus gegangenen Leopold-Ausstellung Kunst des Deutschen Expressionismus stachen die Expressionisten aus jener Sammlung im Vergleich zu den anderen - für jene Epoche repräsentativen - Werken als am stärksten hervor. Die Qualitätsanforderung an jedes einzelne Werk, wobei aber auch ein starkes, persönliches Gefühl beim Kauf zu erkennen ist, war bei diesem Kunstfreund also absolut ausgeprägt. Man merkt, dass die ursprüngliche Sammlertradition der Familie auf alten Meistern beruht. Die 16 Werke setzen sich aus dem ersten modernen Bild Thyssen-Bornemiszas überhaupt zusammen, EMIL NOLDEs Junges Paar, ca. 1931-1935, FERNAND LÉGERs Mann und Frau, 1921, AUGUST MACKEs Spaziergang zu dritt, 1914, EDVARD MUNCHs Das kranke Kind, 1896; und u.a. auch LUCIAN FREUDs wunderbarem Porträt des Barons H.H. Thyssen-Bornemisza (Mann im Stuhl), 1985. - Letzteres wurde mit Sommerende jedoch durch ALEXEJ VON JAWLENSKYs Hauptwerk Kind mit Puppe von 1910 ersetzt. - Die Werke werten die 5000 Exponate des Sammler-Ehepaars Rudolf und Elisabeth Leopold sichtlich - international - noch einmal auf.


Platz 4
ÖSTERREICHISCHE GALERIE BELVEDERE für Gustav Klimt - DER BEETHOVENFRIES, Dauerausstellung in der SECESSION

Platz 4 im intimacy: art-Kunstranking, Kategorie "Sammler & Sammlungen": Die Galerie Belvedere mit ihrer Dauerleihgabe in der Secession: Gustav Klimts Beethovenfries. Hier der Ausschnitt aus Die feindlichen Gewalten, mit Gigant Typhoeus (als Ungeheuer); seinen Töchtern, den drei Gorgonen, über deren Häuptern Krankheit, Wahnsinn, Tod lauert. - Ein Weltwerk! - Casein paint on stucco, 220 x 635 cm © Vienna, Österreichische Galerie

Begründung: Das einzelne Epochale, das viel Beliebiges schlägt
Klimts Jugendstil-Beethovenfries ist mit erster Veröffentlichung 1902 zwar uralt, er ist aber noch immer so faszinierend, dass es für ihn "alleine" mindestens so lange Zeit zum Verweilen beansprucht, wie andere Ausstellungen mit 400 Werken. Inhaltlich spricht das Werk als Mythologie den Sinn des Lebens mit allen Gefahren der Menschheit an, technisch ist es mit den exklusivsten Materialien, feinsten Linien in formaler Folge in musikalischem Erzählrhythmus von puren Linien auf Weiss zu dunkler bis goldener Fülle und Fläche höchst musisch; und mit "Freude schöner Götterfunken" insgesamt ein Plädoyer für den Sieg des Guten mithilfe der Künste. Klimts monumentaler Wandzyklus ist für sich allein ein Gesamtkunstwerk aus Literatur, Musik, Bildender Kunst, Philosophie und wahrscheinlich das grösste Kunstwerk aller Zeiten, dessen Werdegang sich mit - trotz Publikumsansturm - Entrüstung der Kunstkriitik bei seiner Entstehung, sowie sein Besitzerwechsel im Laufe der Jahre einschließlich 2. Weltkriegs, wie ein Krimi liest. Und müßten wir als Medium nicht für Ermutigung im Fortschritt einstehen, wäre der Beethovenfries die Nummer Eins der Sammler-Kategorie geworden. Obwohl das eine Dauerausstellung ist. Denn dieses Werk ist einfach weltbewegend. Mit der Betonung seiner Exklusivität im Sinne von "Weniger ist Mehr" soll es den gegenwärtigen Sammler (und manchen nachfolgenden im Ranking) aber auch ermahnen, wirklich genau zu überlegen, "was er nun sammelt", denn momentaner Marktwert oder Gruppenvervollständigungswahn (kein einziger Künstler ist auf alles stolz, das er macht!) sind keine hehren Ziele, die der Verfeinerung der Kunstentwickling bestmöglich dienen.


Platz 5
SAMMLUNG DAKIS JOANNOU, ATHEN für Traum und Trauma im MUMOK und in der KUNSTHALLE WIEN, 29.6.bis 4.10.2007

Platz 5 im intimacy: art-Kunstranking, Kategorie "Sammler & Sammlungen": Die Sammlung des Griechen Dakis Joannou, der sich dem Traum/atischen verschrieben hat. In der Kunsthalle ist unter anderem zu sehen: Gregory Crewdsons Untitled (Eggs and Chick), 1994, Cibachrome print, © Courtesy The Dakis Joannou Collection, Athens

Begründung: Illusion in einer desillusionierten Zeit
Wir leben in einer Zeit der Fantasielosigkeit, in jener des materiellen Überlebens, einer Zeit, in der man schnell zu Geld kommen muss, wo die Menschen sogar die Liebe (wie zu Monarchiezeiten) erst unter materiellem Gesichtspunkt in sich aufkommen lassen. Erst die Materie führt zur Liebe, sozusagen. Träume als Lebensziel sind "Hollywood" und somit Fakes, und selbst wenn man dort hin kommt, unerreichbar. Falls aber doch noch jemand träumt, ist es selten, dass ein Zweiter denselben Traum träumt. Deshalb haben die Träume der realistischen Menschen (der visionsarmen Künstler) von heute auch die Form der Groteske, der Überzeichnung, die jene Träume als Lüge entlarven, oder zumindest als Ängste vor der Wahrheit hinter dem Schein. Die Träume werden zu Schocks. Ergo: Künstler träumen heute nicht (mehr). Aber immerhin versuchen Einzelne von ihnen ästhetisch, also mit einer Ernsthaftigkeit im Umgang mit der Technik formal "überhöht " und damit träumerisch zu sein. - Deshalb sind die zeitgenössischen Werke des griechischen Mäzens und Sammlers Dakis Joannou, den Träumerisches und mehr noch Traumatisches fasziniert, sehr "in". Viele seiner Werke, die er in der Deste Foundation for Contemporary Art, Athen, hortet, sind inhaltlich (also mit ihrer Theorie) interessanter, als die Werke für sich selbst. Vieles ist ohne Theorie sogar unverständlich. Und vieles hat den Charakter einer reinen Modeerscheinung, wo man mit der Sensation zur schnellen Aufmerksamkeit gelangen will. - Also wieder ein Abbild unserer (medialen) Zeit. Trotz gehypter Namen - wie JEFF KOONS mit gezeichneter hyperrealer Torte Cake, 1995-97, CINDY SHERMAN, PAUL McCARTHY mit verzerrten Maskenbildern, TIM NOBLE/SUE WEBSTER und OLAFUR ELIASSON mit Installationen, worin Projektionen etwas anderes spiegeln als die Objekte, von denen sie kommen - konnten nur wenige Künstler nachhaltig überzeugen: in der Kunsthalle malerisch etwa Brite NIGEL COOKE (geb. 1973) und Amerikaner MATT GREENE (geb. 1972), skulpturhaft mit Materialexperimenten Schweizer URS FISCHER (geb. 1973). und fotografisch Amerikaner GREGORY CREWDSON (geb. 1962). Alles in allem hat die Ausstellung trotz spannender und sicher berechtigter Thematik vergänglichen Eventcharakter, da die Greifbarkeit und Ernsthalftigkeit im Umgang mit dem Leben zu kurz kommt.

Platz 6
NORDICO - Museum der Stadt Linz - für KUNSTANKÄUFE DER STADT LINZ 2003-06, 27.7. - 23.9.2007

Begründung: Nicht nur Vorhandenes ausstellen, auch Neues kaufen
Eine Extra-Austellung mit und über die jüngsten Kunstankäufe eines Hauses zu machen, ist als Signal nach außen äußerst wichtig und verantwortungsbewußt. Um € 125.000 wurden in drei Jahren vom Linzer Kunstbeirat Werke von 74 Künstlerinnen angekauft, wo von den KuratorInnen Ulrike Matzer und Ingrid Pohl (2003/04) sowie Jeanette Pacher und Markus Riebe (2005/06) neben den arrivierten Techniken wie Malerei, Zeichnung, Fotografie oder Objekte vor allem auf Installation, Film, Video, Soundarbeiten oder performative Ansätze geachtet wurde. Die Werke der etablierten KünstlerInnen der Linzer Szene wurden nach Sammlungslogik ausgewählt, die "emerging artists" aus Motivationsgründen "gefördert". - Da die intimacy-art-Redaktion die Ausstellung nicht persönlich begutachten konnte, bewerten wir allein die Initiative.

Platz 7
SAMMLUNG GERLINGER für Expressiv! Die Künstler der "Brücke" in der ALBERTINA, 1.6.-28.8.2007

Begründung: Vollständigkeit vor Erlesenheit
Die Ausstellung selbst scheint mit 260 Werken ziemlich umfassend zu sein und ist eine repräsentative Auswahl eines jeden Brücke-Künstlers. Neben den Brücke-Werken der Stiftung Moritzburg, des Kunstmuseums des Landes Sachsen-Anhalt, der Albertina sowie Werken aus privaten Sammlungen und Wiener Museen, stechen die Gerlinger-Werke jedoch nicht immer als die Gelungensten hervor. - Die Sammlung Thyssen–Bornemisza hat da schon bessere (auch im Lepold Museum, siehe oben) in petto. Gerlinger erzählte während der Pressekonferenz, dass es ihm - trotz Verkaufs seines mittelständischen Unternehmens - selten möglich war, die teuersten Werke aus jener Schaffenszeit zu erstehen. Schön ist aber die Vielzahl der Holzschnitte - sowohl als Skulptur, als auch in gezeichneter Nachahmung. Da sich die Brücke-Künstler bewußt gegen die akademische Malerei richteten, müssen aber auch die offensichtlichen "Versuche" als Kunstwerke gesehen werden. Vor fünf Jahren begann die Welt - ausgehend von Frankreich - sich wieder für diese Stilrichtung von 1905 bis 1913 zu interessieren. Anfänge mit Holzschnitt-akten - wo auch afrikanische Skulpturen als Inspiration dienten -, Zeichnung, Lithografie, Radierung und Ölbildern von KARL SCHMIDT-ROTTLUFF, ERICH HECKEL, FRITZ BLEYL, ERNST LUDWIG KIRCHNER, dann die kubistischen und Kriegs-Einflüsse, sowie die Nachkriegszeit mit Neuer Sachlichkeit und Art Deco mit gesonderten EMIL NOLDE- und OTTO MUELLER-Räumen, gliedern die Ausstellung.

Platz 8
MAK für ELKE KRYSTUFEK: LIQUID LOGIC - The Height of Knowledge and the Speed of Thought, bis 1.4.2007 in der MAK-Halle

Begründung: Fade Sammlungsobjekte, aber spannende Intervention
Blickt man allein auf die Sammlung des MAK, käme sie wahrscheinlich nicht einmal ins Ranking. Denn hier handelt es sich hauptsächlich um Angewandte-Kunst-Objekte, wie Designs und archäologische Nutzgegenstände. Elke Krystufeks innige Intervention war aber so spektakulär (siehe Platz 1 in der Kategorie I "TOURISTEN-EVENT-ATTRAKTION"), dass es im qualitativ höher wertigen Bereich des Sammel-Ausstellungswesens zumindest für Rang 8 reicht. GUDRUN KAMPLs Behängung mit Textilien von Johann Lukas von Hildebrandts Skulpturen im Belvedere ist vergleichsweise nur ein äußerlicher Abklatsch.

Platz 9
LENTOS für AUFMISCHEN. Neu-Hängung der Sammlung, 29.6.-28.10.2007, sowie GROSSE MALEREI, 28.6. - 28.10.2007

Begründung: Intervention zum Geburtstag mit grossspuriger Garnierung
Zum 60. Jahrestag der ersten Ausstellung der Sammlung Gurlitt in Linz, woraus das Lentos Kunstmuseum Linz werden sollte, wurden die historischen bis neuzeitlichen Bestände aus dem Blick der Gegenwart in die Kunstgeschichte in sechs Räumen neu gehängt, womit wiederum sechs zeitgenössische KünstlerInnen in Dialog treten. Ende Juni dachten sich etwa der Linzer Maler und Filmemacher DIETMAR BREHM (mit einer Frisurenserie unter dem Motto "Arbeitspause") und das Konzept- und Objektpaar LOIS und FRANZISKA WEINBERGER (mit Sprachtexten und elf Gehstöcken unter dem Motto "Wegwarte") intellektuell-witzig Reduziertes und Pointiertes aus. Im zweiten Halbjahr folgen der deutsche Fotokünstler BERNHARD PRINZ, Multimedia-Künstler LOIS RENNER, Malerin und Filmerin MARIA LASSNIG sowie Fotokünstlerin EVA SCHLEGEL. Und unter dem Motto Grosse Malerei durchforstete das Kuratorium die Sammlung nach großformatigen Meisterwerken der Malerei und Grafik. Da findet sich alles, quer durch die Geschichte, auch sehr Aktuelles, aber auf jeden Fall "Hochkarätiges": Werke von Uli Aigner, Herbert Brandl, Franz Gertsch, Peter Hauenschild/Georg Ritter, Johanna Kandl, Kurt Kocherscheidt, Markus Lüpertz, Vanessa Jane Phaff, Wolfgang Stifter, Otto Zitko.

Platz 10
GENERALI FOUNDATION für SAMMLUNG in der Generali Foundation, Wien, 24.5. bis 26.8.2007 und FOR A SPECIAL PLACE: Documents and Works from the Generali Foundation Collection, Austrian Cultural Forum (ACF), New York, 21.2. bis 3.5.2007

Begründung: Das Wort siegt über das Werk
Eine renommierte deutsche Tageszeitung schrieb anläßlich der Generali-Sammlung-Ausstellung: "FRANZ WEST, EDWARD KRASINSKI, JASON RHOADES: Wenn ein Österreicher, ein Pole und ein Kalifornier in einer Ausstellung zusammenkommen, dann geht es um guten schlechten Geschmack, um eine Menge Müll und um die unbegrenzten Möglichkeiten der Kunst." - Nicht dass wir etwas auf andere Wertungen geben, aber in einem stimmen wir jedenfalls zu: Eine Ausstellung in der Generali Foundation ist immer mühsam und so boden- und orientierungslos wie das Studentenleben. Da wird gerne polemisch politisiert, d.h. um des Schreiens selbst willen kritisiert, manchmal auch zurecht. Auf jeden Fall ist hier das Sprechen über Inhalte wichtiger als die Kunst an sich. Formalitäten und optische Wirkung spielen so gut wie keine Rolle. Dabei sind die mittlerweile historischen Sammlungsgegenstände an gesammelter Konzeptkunst, die in Wien nun gezeigt wurden (z.Bsp. Walter Pichler, Krasinski, Valie Export), in der Regel formal noch eindrucksvoller als aktuelle Experimente unter diesem Deckmantel. Die Generali Foundation ist daher wohl eher ein journalistisches Medium als ein "Museum" oder ein "Mäzen", wo das Wort überdimensional zur gezeigten Kunst steht. Wie das gelebte Konzept-Art-Motto: Die Idee allein ist schon Kunst. - Diese Kunstdefinition sehen wir aber als (inzwischen) überholt an. Deshalb nur Platz 10 im Ranking. Selbst wenn die Generali Foundation eine Sammlungsauswahl im Austrian Cultural Forum in New York oder auf der Documenta 12 in Kassel zeigt.


Aktuelle und nachzulesende Sammlung-Ausstellungen:

* Kunst aus der Sammlung Verbund * Held Together With Water * Ort: MAK Wien * Zeit: bis 16.09.2007
* Sammlungen Bertha Pappenheims * Spitzen und so weiter * Ort: MAK Wien * Zeit: 3.10.2007 - 16.03.2008
* Aktuelles aus der Kunstsammlung der BA-CA * Wann immer vorerst* (*Michael Kienzer) * Ort: BA-CA Kunstforum, Wien * Zeit: 4.9.-7.10.2007
* Die Sammlung Batliner * Monet bis Picasso * Ort: Albertina * Zeit: 14.9.2007-6.4.2008
* Lentos Linz * Große Malerei * Ort: Lentos * Zeit: bis 28.10.2007
* Lentos Linz * AUFMISCHEN. Neu-Hängung der Sammlung * Ort: Lentos * Zeit: bis 28.10.2007
* Sammlung Dakis Joannou, Athen * Traum & Trauma * Ort: Mumok und Kunsthalle Wien * Zeit: bis 4.10.2007
* Gudrun Kampl : Johann Lukas von Hildebrandt * Zeitgenössische Interventionen im Belvedere * Ort: Oberes Belvedere * Zeit: bis 2.9.2007
* Nordico * KUNSTANKÄUFE DER STADT LINZ 2003-2006 * Ort: Nordico Linz * Zeit: bis 23.9.2007
* Sammlung Thyssen-Bornemisza * Meisterwerke der Europäischen Klassischen Moderne * Ort: Leopold Museum * Zeit: bis Juni 2011
* Sammlung Versicherungsgesellschaft Kooperativa, Tschechien * Tschechische Malerei: Grund, Mucha, Capek, Schikaneder * Ort: Leopold Museum * Zeit: bis 4.2.2008
* Galerie Belvedere * Gustav Klimt: Der Beethovenfries * Ort: Secession Wien * Zeit: Dauerausstellung
* Albertina - Kunst nach 1970 * Andy Warhal bis Anselm Kiefer * Ort: Albertina Wien * Zeit: 12.10.2007-6.1.2008
* Sammlung Essl * PASSION FOR ART - 35 Jahre Sammlung Essl * Ort: Essl-Ausstellungshalle * Zeit: 15.03. bis 07.10.2007
* Fotos Sammlung Essl * Paul McCarthy - Tokyo Santa, 1996/2004 * Ort: Sammlung Essl * Zeit: bis 07.10.2007
* Zeitgenössische Fotografie aus der Sammlung Essl * FOTO.KUNST * Ort: Sammlung Essl * Zeit: 07.09.2007– 25.11.2007
* Dieter und Gertraud Bogner Sammlung * OHNE WENN UND ABER - Schenkung der konstruktiven und konzeptuellen Kunst an das MUMOK * Ort: Mumok Wien * Zeit: 22.9-7.10.2007

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